Blick hinter die Kulissen – Reisebeurteilungen und Reklamationen

Weiter geht es mit unserer Reihe „Blick hinter die Kulissen“. Im zweiten Teil beschäftigen wir uns mit dem Thema Reisebeurteilungen und Reklamationen. Jeder und jede, die schon einmal mit Hirsch Reisen unterwegs war, kennt den Beurteilungsbogen, der auf der Heimreise ausgegeben wird. Aber was passiert eigentlich damit? Schaut sich das wirklich jemand an? Und was schreiben die Hirsch-Gäste? Insbesondere mit Blick auf die Reklamationen gibt Stefan Simonis, Leiter der Reiseveranstaltung, einen Einblick.

Herr Simonis, alle Reisebewertungen und Reklamationen gehen über Ihren Tisch. Sind Sie viel beschäftigt?

Über den hohen Rücklauf bei den Reisebeurteilungen freue ich mich. Bezüglich der Reklamationen habe ich keinen Vergleich mit anderen Reiseveranstaltern, aber im Verhältnis zur Zahl der Reisegäste scheint es mir wenig.

Warum?

Ganz einfach: weil die Reisen so gut sind! Nein, im Ernst: Es spielt sicher eine Rolle, dass die Kolleginnen in Reisebüro, Veranstaltung und Buchhaltung so gut und gewissenhaft arbeiten und viel Erfahrung haben. Zum anderen haben wir das Glück, dass bei fast jeder Reise Reiseleitung und Fahrer dabei sind. Die können Störungen beseitigen, bevor sie überhaupt zum Problem werden. Vorausgesetzt natürlich sie erfahren davon. Zum Dritten bemühen wir uns, alle Reisen möglichst wirklichkeitsgetreu zu beschreiben und nicht zu viel zu versprechen, um keine falschen Erwartungen zu wecken. Und viertens haben wir sehr reiseerfahrene Gäste, die das notwendige Maß an Offenheit und Entspanntheit mitbringen. Im Endeffekt entscheidet ja jeder und jede selbst, ob er oder sie sich ärgert.

Was wird denn am häufigsten reklamiert?

Hotelzimmer und Mahlzeiten, gefolgt von zu viel oder zu wenig Programm. Bei schlechtem Wetter wird mehr reklamiert als bei gutem Wetter. Grundsätzlich gibt es nichts, was nicht kritisiert werden kann.

Was kann z.B. bei einem Hotelzimmer alles schief gehen?

Es kann zu laut sein oder zu klein, die Zimmertemperatur zu kalt oder zu warm. Das Zimmer kann zu weit oben liegen, wenn der Fahrstuhl langsam ist oder es Treppen gibt, oder zu weit unten, wenn die Sicht nicht gut ist. Wenn es Schränke gibt, können diese ramponiert sein. In modernen Stadthotels gibt es oft keine Schränke, dann fehlt es an Ablagefläche. Das Nachtlicht am Bett ist eigentlich immer zu schwach. Die Steckdosen sind zu wenig, oder sie sind falsch positioniert. Im Ausland gibt es zu wenig deutsche TV-Programme. Es fehlt ein Safe oder eine Minibar. Es gibt nur eine Badewanne, das ist für Ältere schwierig zum Ein- und Aussteigen, oder nur eine Dusche, dann lässt sich nicht baden. Es kann Fliesen- oder Holzboden haben, das ist zu kalt oder zu hart oder es hallt. Es kann Teppichboden geben, das ist nichts für Allergiker. Das Bett kann zu weich sein oder zu hart, die Bettdecke …

Stop! Danke!

Das sind alles Fälle aus der Praxis. Solche Beispiele gibt es auch für alle anderen Leistungsbestandteile.

Ist die Kritik denn immer berechtigt?

Aus Sicht des Gastes natürlich – sonst würde sie nicht geäußert. Und nur wenn sie geäußert wird, erfahren wir, ob eine Leistung die Erwartungen erfüllt oder nicht.

Und aus Ihrer Sicht?

Herr Hirsch hat mir gleich zu Anfang, als ich eine Kritik als unangemessen empfand, gesagt: „Die Gäste wollen uns nur helfen“. So gesehen freue ich mich wirklich über jede Rückmeldung. Wir erhalten dadurch Gelegenheit, Dinge zu erklären und Hintergründe zu erläutern, die der Kunde oder die Kundin vielleicht gar nicht wissen konnte. Was mich ärgert sind unnötige Dramatisierung und unpassende Wortwahl. Ich verstehe, dass sich über ein lieblos angerichtetes Essen oder ein kleines Hotelzimmer geärgert wird. Was ich nicht nachvollziehen kann ist, so etwas mit Worten wie „Katastrophe“ oder „menschenunwürdig“ zu beschreiben. Da sind die Maßstäbe verrutscht, finde ich. Es geht ja nicht um Leben und Tod bei uns.

Wie reagieren Sie auf Kritik?

Wir versuchen uns erst ein Bild zu machen – wir in Karlsruhe waren ja nicht dabei. Das heißt wir leiten die Reklamation weiter an Fahrer, Reiseleitung und die betroffenen Leistungsträger und bitten um deren Einschätzung. Außerdem werten wir immer die Reisebeurteilungen – ob online oder auf Papier – aus. Da haben wir erfreulich hohe Rücklaufquoten und somit einen recht ausgewogenen Eindruck, wie die Mitreisenden dieselbe Situation empfanden.

Ergibt sich denn immer ein einheitliches Bild?

Manchmal fragen wir uns ehrlich gesagt, ob die Menschen auf ein und derselben Reise waren. Im Extremfall reicht die Spanne von „schönste Reise meines Lebens“ bis zu „schlechteste Reise meines Lebens“ – und das bei Menschen, die eine Woche im selben Bus saßen, im selben Hotel gewohnt, im selben Restaurant gegessen und mit derselben Reiseleitung unterwegs waren. Die individuelle Einstellung der Reisenden spielt schon eine sehr große Rolle. Wer zuhause zufrieden ist, dem gefällt es auch auf Reisen. Wer zuhause unzufrieden ist, trägt diese Unzufriedenheit oft auch unterwegs mit sich.

Zurück zur Frage: wenn Sie sich einen Überblick verschafft haben, wie geht es dann weiter?

Wir versuchen eine Lösung zu finden, um die Gäste glücklich zu machen – wenn möglich noch während der Reise. Das kann ein Zimmerwechsel sein, eine Essensumbestellung, ein Gespräch mit der Reiseleitung, je nachdem. Nach der Reise ist es natürlich schwieriger. Da geht es manchmal ums Geld, und wir müssen bewerten, ob Anspruch auf eine Erstattung besteht. In den allermeisten Fällen sind es aber wirklich echte Verbesserungsvorschläge. Die diskutieren wir dann intern und setzen sie gegebenenfalls in Zukunft um – wenn möglich gleich bei der nächsten Reise.

Die willkommene Kritik ist also tatsächlich nicht nur eine Floskel?

Nein. Fragen Sie mal unsere Busfahrer, wie wir hinter den Reisebeurteilungen her sind. Die würden sich eher ohne Bus als ohne ausgefüllte Reisebeurteilungen nach Hause trauen. Wir selbst sind halt nicht auf der Reise dabei und deshalb angewiesen auf die Rückmeldungen. Nicht zuletzt steht dankenswerterweise auch viel Positives darin. Angesichts des großen Aufwands, den wir für die Organisation der Reisen betreiben, ist das ein schönes Zeichen der Wertschätzung.

Wobei online die Zahl der Zeichen so begrenzt ist, dass sich nicht wirklich viel schreiben lässt.

Ja, das ist leider so, das liegt an der Software. Aktuell arbeiten wir hier an einer Alternative. Es geht uns aber vor allem darum, die Schwelle möglichst niedrig zu halten, um einen möglichst großen, repräsentativen Rücklauf zu erhalten. Wer uns mehr mitteilen möchte, darf das gerne telefonisch oder per E-Mail machen – das ist ja nicht verboten.

Zurück zur ersten Frage: wird denn viel reklamiert?

Nein, ich habe hier halt etwas aus dem Nähkästchen geplaudert. Wir erhalten sehr viel mehr Lob und Dank als Kritik. Der Durchschnitt aller Gesamtnoten 2023 aus den Reisebeurteilungen liegt aktuell bei 1,46 – also eine sehr gute 1-2. Ich denke das spricht für Qualität und sehr zufriedene Kundinnen und Kunden.

Vielen Dank für das Gespräch, das war sehr interessant!