Was für ein Held! Der Bärentöter Lāčplēsis, Sohn eines Menschen und einer Bärin, kämpfte mit Bärenkräften gegen grausige Ungeheuer, Missionare und den Teufel, erlöste ein versunkenes Schloss und stürtzte schließlich beim Kampf mit dem Schwarzen Ritter auf Nimmerwiedersehen in einen Fluss. Mit seinem Tod endete die Freiheit der Letten, so heißt es im Nationalepos. Die Kreuzritter des Deutschen Ordens breiteten sich aus und es folgten 700 Jahre Fremdherrschaft.
Dieses Schicksal teilen die drei baltischen Länder, bis die „Singende Revolution“ den Eisernen Vorhang öffnete und ihre Rückkehr nach Europa einleitete. EU-Mitglied seit 2004 hat das Trio in Norden eine rasante Entwicklung genommen.
Die baltischen Hauptstädte sprühen vor Vitalität und Überraschungen. Tallinn, die ehemalige Hansestadt Reval mit ihren gotischen Türmen, Renaissancepalästen und Kaufmannshäusern, wurde 2011 in den Rang einer Europäischen Kulturhauptstadt befördert. Im kleinen Estland fühlt man sich übrigens den Finnen näher als Letten und Litauern. Kein Wunder, liegen doch nur 85 km oder 90 Minuten mit der Fähre zwischen Tallinn und Helsinki. Beide Sprachen haben dieselben Wurzeln, die Nationalhymnen dieselbe Melodie. Landlandschaftlich spielt Wasser eine große Rolle: Tausende von Inseln, Seen und Flüssen prägen das Bild.
Die lettische Hauptstadt Riga punktet mit einer bezaubernden Altstadt und einzigartigen Jugendstilbauten. Zu den stärksten Eindrücken in Litauen gehört ein Aufstieg auf die riesigen Wanderdünen der Kurischen Nehrung, dem 100 km langen Landstreifen zwischen Ostsee und Haff mit faszinierender, wüstenartiger Natur. In Vilnius, der größten Barockstadt nördlich der Alpen, lächelt die schwarze Madonna am „Tor der Morgenröte“, die zierlichen gotischen Kirchen wollte einst Napoleon nach Paris tragen. Ganz in der Nähe liegt der Mittelpunkt Europas, genauer: der Flächenschwerpunkt. Das haben französische Geografen berechnet. Zur Aufnahme in die Europäische Union wurde hier eine Säule mit goldenen Sternen aufgestellt.