Wein- und Kultur-Exkursion Jura und Elsass

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vom   23. bis 29. August 2009
Weinbruderschaft Augusta Treverorum e.V. Trier – Riesling Freundeskreis

Mit 28 weinbegeisterten und reisefreudigen Teilnehmern starteten wir pünktlich um 7 Uhr mit einem komfortablen Bus von Trier. Teilnehmer aus befreundeten Weinbruderschaften, Lydia und Jürgen Fritz von den Geisenheimer Weinreimern und Ursula und Otto Schwenderling vom Weinfreundeskreis Hochheim verstärkten unsere Weinbruderschaft. Wie immer bei unseren Frankreichexkursionen war der Kunsthistoriker und Weinfreund Peter Kalchthaler aus Freiburg bei uns, der nicht nur mit großem Sachverstand, sondern auch mit Engagement Details zu den unzähligen kunsthistorisch wertvollen und sehenswerten Stellen führte.

Über noch so kleine Details wusste er zu berichten, insbesondere dort, wo man als kunsthistorisch nicht versierter Reisender achtlos vorbeigegangen wäre. Bei den Winzern kamen uns seine perfekten französischen Sprachkenntnisse sehr zustatten, sodass auch kein fachlich interessanter Aspekt unbeantwortet blieb. Nicht zu vergessen unser ausgesprochen souveräner Fahrer von Hirsch Reisen, Herr Wolfgang Behrends, für den keine Straße zu schmal war und der nach dem Motto fuhr: Probleme sind dafür da, um sie zu lösen.

1. Tag, Sonntag, 23. August 2009

Bei schönem Wetter führte der Weg durch eine abwechslungsreiche und beschwingte Landschaft, vorbei an Metz und Dijon in die France-Comté. Die Königliche Saline von Arc-et-Senans im Département Doubs war unser erster Besichtigungsschwerpunkt. Sie wurde vom Architekten Claude-Nicolas Ledoux im Auftrag von Ludwig XVI. geplant und 1778 fertiggestellt. Sie ist eines der bedeutendsten Bauprojekte der sogenannten Revolutionsarchitektur, deren Höhepunkt aber in den Jahren vor 1789 liegt. Durch das beeindruckende Portalgebäude mit sechs riesigen, einer griechischen Tempelanlage nicht unähnlich, basenlosen dorischen Säulen, die einen schweren Architrav tragen, betraten wir den einzigen Zugang zur Anlage. Dieses Gebäude ist als imitierte Steingrotte gestaltet, der Mittelpunkt des Baus ist zweigeschossig und mit einem geknickten Pyramidendach gedeckt. Danach öffnet sich der halbkreisförmige Hof mit einem Durchmesser von 225 Metern. Zehn einzelne, nicht zu einer geschlossenen Front vereinte Pavillons umstehen ihn, hinzu kommen Stallungen und Gärten. Die gesamte Anlage ist ummauert, sodass der Verkehr vom naheliegenden Fluss kontrolliert und der Salzdiebstahl dadurch minimiert werden konnte. Ledoux schwebten Ideale der Freimaurerei vor, und er glaubte, dass der Einzelne durch Architektur zu beeinflussen sei. So sollte die Saline das Zentrum einer idealen Stadt bilden, die nach dem großen Waldgebiet, aus dem die Saline ihr Holz bezog, den Namen „Chaux“ tragen sollte.

Das Idealstadtprojekt von Chaux war jedoch von Widersprüchen geprägt. Denn Ledoux war kein Republikaner, er war Anhänger der Monarchie und der Aufklärung. Statt der Egalisierung aller Menschen wollte er zunächst jede Stufe der sozialen Leiter gebührend würdigen. Folgerichtig steht im Zentrum der Anlage das Direktorenhaus, analog zu einem königlichen Schloss, denn der Direktor einer Saline ist der Vertreter des Königs, dem das alleinige Recht der Ausbeutung von Salz zusteht. 1982 wurde dieses Idealstadtprojekt, das in seiner Gesamtplanung jedoch nicht vollendet wurde von der UNESCO zum Weltkulturerbe erhoben.

Die Bauten sind in rustiziertem Mauerwerk errichtet, die beiden Salzwerkstätten sind einfache, rechteckige Bauten auf einem gewaltigen Grundriss von 81 x 28 Metern und überspannen die Feuerstellen mit ihren Salzsiedepfannen, Lagern und Trockenräumen. Heute werden sie als Veranstaltungszentrum für Ausstellungen und Konzerte genutzt, eine Konzertprobe konnten wir während unseres Besuches erleben. In Modellen sind die riesigen Salzsiedepfannen zu bestaunen, Teile davon sind noch im Original vorhanden. Ebenso die in ausgehöhlten Baumstämmen zugeführte Sole, die von der Quelle bis zur Saline 17 km überwinden musste. Die Saline blieb nur bis 1895 in Betrieb. Mit dem folgenden Fall des Salzmonopols und der Salzsteuer konnte die Saline die ihr zugedachte Bedeutung nie erreichen. Außerdem war der Salzgehalt der genutzten Sole zu gering, um wirtschaftlich erfolgreiche Salzproduktion zu betreiben.

Nach einer kurzen Kaffeepause führte uns der Weg zur Hauptstadt der Franche-Comté, Besançon, wo uns das Hotel Ibis „La City“ für zwei Nächte beherbergte. Nach dem Zimmerbezug begaben wir uns auf einen Stadtrundgang, bei dem Herr Kalchthaler auf manch interessante Details aufmerksam machte. Die Stadt liegt an einer Schleife des Flusses Doubs und war bereits in der Bronzezeit um 1500 v. Chr. Siedlungsgebiet. Aufgrund der strategisch günstigen Lage wählte im Jahr 58 v. Chr. Julius Caesar die Stadt als Stützpunkt und war in der Folge seit dem 4. Jahrhundert Erzbistum. Im Mittelalter kam Besançon nicht zur Ruhe und wechselte häufig den Besitzer. Seit dem Ende des alten Herzogtums Burgund mit dem Tod Karls des Kühnen 1477 gehörte Besançon zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, später zum spanischen Teil Habsburgs. Die Stadt blieb heiß umkämpft, bis sich 1674 durch die Eroberung vom französischen Sonnenkönig die Streitigkeiten legten. An einem kleinen Teil der etwa 170 als „Monument historique“ klassifizierten Bauwerke gingen wir vorbei, so am repräsentativen Bau „Hôpital Saint-Jacques“, der noch immer in seiner angestammten Funktion als Altenpflegestätte eine sinnvolle Verwendung findet. Im Zentrum das Rathaus, in Frankreich immer als „Hotel de Ville“ bezeichnet, das im Innenhof seine Städtepartnerschaft mit dem im Pflaster eingelegten Wappen von Freiburg im Breisgau dokumentiert. Nicht ohne Stolz berichtete Herr Kalchthaler, dass diese Städtepartnerschaft nicht nur auf dem Papier steht, sondern durch regelmäßige gegenseitige Besuche sehr lebendig ist. Auch um den Marktplatz sind mehrere repräsentative Gebäude, die durch Hinweistafeln die Besucher darauf aufmerksam machen, dass Besançon zahlreiche Persönlichkeiten hervorbrachte, so beispielsweise den Mathematiker André Bloch, den Schriftsteller Victor Hugo, die Brüder Auguste Lumière, die als Erfinder der Kinematografie in die Geschichte eingingen. Heute beherbergt Besançon die vorrangigen Wirtschaftszweige der Mikrotechnologie und der Uhrenindustrie. Letztere ist allerdings durch die Konkurrenz aus Fernost auf dem Rückzug, dafür befindet sich in  Besançon ein großes Werk, in welchem wichtige Komponenten des Hochgeschwindigkeitszuges TGV hergestellt werden. Nicht unerwähnt soll aber bleiben, dass Besançon Sitz der Universität der Franche-Comté mit 21.000 Studenten ist.

Die von Vauban konzipierten Festungsanlagen gehören seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Das Wahrzeichen Besançons, die Zitadelle (La Citadelle) war unser nächstes Ziel, das wir glücklicherweise nicht zu Fuß sondern in von der Stadt zur Verfügung gestellten regelmäßig verkehrenden und kostenlosen Bussen erreichten. Auch die Zitadelle ist ein Meisterwerk des berühmten Ingenieur-Architekten Sébastien de Vauban, erbaut von 1668 bis 1688 und erstreckt sich über eine Fläche von 11 Hektar. Erst ein Blick von den Ringmauern der Befestigungsanlagen macht deutlich, warum die 100 Meter über dem Doubs gelegene Zitadelle uneinnehmbar war. Die Zitadelle diente als letzter Rückzugsort und war in jeder Beziehung autark. Auch die Wasserversorgung war durch ein großes Regen-Rückhaltebecken gesichert und außerdem stand ein Laufrad zur Verfügung, mit dem das Wasser aus dem Doubs mittels einer Leitung hochgezogen werden konnte. Heute ist die Zitadelle eine touristische Hochburg und wird für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Mehrere Museen und ein kleiner Zoo sind mit  integriert.

Zurück fuhren wir wieder mit dem Bus und nach einem kleinen Fußmarsch durch die sonnenüberflutete Altstadt waren wir wieder am Hotel. Nach dem dort eingenommenen Abendessen (Forelle in Vin Jaune) zogen sich alle rasch auf die Zimmer zurück, der kommende Tag verlangte eine gute Kondition.

2. Tag, Montag, 24. August 2009

Bereits um 9.30 Uhr waren wir im ersten Weingut, der Domaine DE LA PINTE in Arbois angemeldet, das zur Appellation Côtes du Jura gerechnet wird. Der Name „Pinte“ hat hier die Bedeutung einer Weinschenke und ist zugleich ein altes Weinmaß. Die Domaine liegt außerhalb von Arbois, inmitten der Weinberge. Der Betrieb existiert seit 1953, hat 34 ha, davon 16 ha Savagnin und wird auf ökologischer Basis im Sinne von biodynamisch bewirtschaftet. Besonders bemüht ist man um den Savagnin, dessen Ertrag aus Qualitätsgesichtspunkten bei 20 hl/ha gehalten wird. Der Säuregehalt der Weine liegt durchschnittlich bei 5 ‰. Die Trauben für den Strohwein werden wegen der Säure und des Gesundheitszustandes zuerst gelesen, auf den Dachboden gebracht und dort liegend erst im März des Folgejahres abgepresst. 3 Jahre bleibt dann der Wein auf der Hefe. 100 kg Trauben ergeben dadurch nur 10 Liter fertigen Wein. Die größten Probleme für den biodynamischen Betrieb sind die feuchten Jahre, durchschnittlich liegt in diesem Gebiet die Niederschlagsmenge bei 1.200 ml. Die Spritzungen erfolgen mit angesetzten Jauchen und gegen Pilzerkrankungen wird Schwefel und Kupfer eingesetzt. Gute Erfahrungen hat man damit gemacht, dass Schwefel schon bei der Rebblüte auf dem Boden ausgebracht wird, die Dämpfe steigen auf und verteilen sich gleichmäßig über die Reben. Die Gipfelung erfolgt so spät wie möglich, um den Trieb von in die Breite gehenden Trieben möglichst schwach zu halten. Der Mitarbeiterstab wurde uns mit 15 angegeben, wobei sicherlich die Saisonkräfte mit eingeschlossen sind.

Ausgesprochen herzlich wurden wir von dem Lebenspartner der Inhaberin begrüßt, wobei wir im Laufe der Probe erfahren mussten, dass wir seine letzten Kunden waren, denen er die Weine präsentieren konnte, da er sich von seiner Lebenspartnerin getrennt hatte – schade, doch so ist das Leben. Aber wie sagte er: Neuer Wein und neue Frau!

Beeindruckend waren die Gewölbekeller, wobei wir einen Rundgang im mittleren Teil der drei Keller unternahmen. Im vorderen Teil lagert eine stattliche Anzahl von 5.000 Liter Fässer, ab dem mittleren Teil des Kellers wurden Barrique-Fässer gelagert. Diese sollen jedoch wegen des besseren Handlings zum Teil in 800 Liter Fässer ausgetauscht werden. Bei einem 228-Liter-Fass hat man anstatt des Fassbodens eine Glasscheibe eingelegt, um den Gärprozess des für die Jura klassischen Wein, den Vin Jaune, zeigen zu können.

Der Vin Jaune wird ausschließlich aus den weißen Rebsorte Chardonnay und Savagnin hergestellt. Im Geschmack ähnelt der Wein dem Sherry, mit dem er häufig verglichen wird. Ein großer Unterschied liegt jedoch darin, dass der Vin Jaune nicht aufgesprittet wird. Nach der Vergärung des Mostes muss der Wein noch mindestens sechs Jahre und drei Monate in einem Barrique-Fass liegen. In dieser Reifezeit verdunsten bis zu 40% des Weines, wobei der Schwund im Gegensatz zu unserem Weinausbau nicht ersetzt wird. Auf dem Wein bildet sich ein Hefeflor, der dem Wein seine charakteristischen Aromen verleiht.

Diese lange Reifezeit erklärt auch den hohen Preis der Weine. Sie werden in einer speziellen Flaschenform, dem so genannten Clavelin mit 620 ml anstatt der sonst üblichen 750 ml Inhalt abgefüllt. Die Lagerzeiten sind entsprechend lange, 40, 50 und mehr Jahre sind keine Seltenheit. Eine angebrochene Flasche kann auch ohne Verschlechterung für mehrere Monate oder sogar Jahre aufgehoben und dann noch getrunken werden. Das weckte natürlich das besondere Interesse einiger Weinfreunde, doch dazu bei der Weinprobe mehr.

In einem großen sonnendurchfluteten Probierraum mit Blick auf die Weinberge verkosteten wir:

1) 2007er Poulsard, der in der Preisliste mit € 7,00 ausgewiesen wurde, 40 hl/ha, 12 Vol.-% Alc., ausgezeichnet mit der Goldmedaille. Nach Meinung des Winzers ideal zu geräuchertem Fisch. Beurteilung: Himbeerduft, dichte Nase, gute Säure-Balance

2) 2003er Poulsard, wegen der extremen heißen Witterung extrem früh am 16.8. gelesen, 15 hl/ha, 13,5 Vol.-% Alc., € 12,00. Beurteilung: In der Farbe an Blutorange erinnernd, konzentrierte Nase mit animalischem Anklang, gute Säure, etwas Schokolade, erstaunlich frisch

3) 2005er Trousseau, 35 hl/ha, 13 Vol.-% Alc., € 11,00. Beurteilung: leichte Barrique-Nase, auch am Gaumen Barrique-Noten, insbesondere Lakritz, gutes und perfekt eingebundenes Tannin

4) 2006er Pupillim Chardonnay, 13 Vol.-%Alc., 35 hl/ha, die Restsüße liegt unter 2g/l, € 9,00. Beurteilung: leicht goldfarben, sortentypische Nase mit leichten Barrique-Aromen, gute Balance, elegante Säure, Pfirsich und etwas Honig (der Wein wurde nicht chaptalisiert)

5) 2004er Savagnin, 13 Vol.-% Alc., lagerte 4 Jahre im Fass (20% der Fässer gärten mit Reinzuchthefen), € 16,00. Beurteilung: Sherry-Nase mit leichter alkoholischer Note (dies soll von der Traube kommen!) am Gaumen deutlich Mandeln, viel Würze, langer Abgang

6) 2000er Vin Jaune, 13,5 Vol.-% Alc., € 37,00. Beurteilung: dichte ätherische Nase, Sherry-Noten, guter dichter Körper, erstaunlich ausgeprägte Säure, Nüsse und Vanille, Struktur, elegant im Abgang mit einem Anklang von Rauch

7) Vieux Marc Eau-de-Vie de Marc de Franche-Comté 45°, 17,5 Vol.-% Alc. (Cuvée aus Savagnin und Chardonnay). Beurteilung: alkoholische Nase, deutliche und gute Süße, gelbe Früchte, langer und geschmeidiger Abgang

8) Vin de Paille – 100kg Trauben ergeben nur einen halben Liter Wein. Beurteilung: würzige Nase, eleganter Körper, überschwängliches Fruchtbukett, insbesondere gelbe Früchte, deutliche und gute Süße, guter und langer Abgang

Der letzte Wein, ein weiterer Likörwein eines besonderen und preisgekrönten Jahrgangs, war nicht für die Weinprobe vorgesehen. Einige Weinfreunde reizte es ungemein, einen solch hochwertigen (und teuren) Wein zu verkosten. Die dafür aufgewendeten 120 € teilten sich 10 Weinfreunde und über den Wein wurde heiß diskutiert.

Für uns ungewöhnlich, jedoch einleuchtend, dass bei Weinproben zuerst Rotweine präsentiert werden. Der Grund liegt auf der Hand: Die Rotweine sind hier „leichter“, die Weißweine „schwerer“.

Die für die Weinprobe vorgesehene Zeit war längst überschritten, doch wer sollte es übers Herz bringen eine Gruppe solch fröhlicher Menschen wieder in den Bus zu bringen?

Die Mittagszeit verbrachten wir in dem reizvollen Winzerstädtchen Arbois, das den Mittelpunkt der gleichnamigen Appellation (849 ha) bildet. Doch bevor wir das Städtchen mit seinen 3.500 Einwohnern auf eigene Faust erkundeten, gingen wir gemeinsam in die Kirche Saint-Just aus dem XII. und XIII. Jahrhundert und dem 60 Meter hohen Turm. Der Blick in das Kirchenschiff verwirrte etwas, die Wände waren schräg nach außen geneigt. Doch Herr Kalchthaler konnte uns beruhigen, es war keine optische Täuschung aufgrund der vorausgegangenen Weinprobe, sondern Wirklichkeit. Durch Setzungen des Untergrundes und den Schub des Gewölbes kam es schon bald nach der Fertigstellung des Baus zu diesem Phänomen, was aber die Standfestigkeit nicht beeinträchtigte. Schön war ein Rundgang durch die mit vielen Blumen geschmückte Stadt, zum Teil mit engen verwinkelten Gassen und malerischen Häusern. Natürlich durfte auf das im Zentrum stehende Denkmal für Louis Pasteur nicht fehlen, der einen Großteil seiner Kindheit in Arbois verbrachte und auch später regelmäßig in die Stadt zurückkehrte.

Es galt keine Zeit zu verlieren, denn bei der Domain PIGNIER in Montaigu waren wir um 14.00 Uhr angemeldet. Montaigu liegt in den Bergen oberhalb des Kurortes Lons-le-Saumier und ist auch als Wohnort von Rouget de L’Isle, dem Dichter und Komponisten der Marseillaise bekannt.

Die Domaine geht zurück auf eine Gründung im 13. Jahrhundert von Kartäuser-Mönchen und wurde 1794 von der Familie Pigniera erworben. Im Laufe des Rundganges durch den beeindruckenden Gewölbekeller, der im dunklen die mystische Vergangenheit neu auferstehen ließ, erfuhren wir von Herrn Pignier, der sich in unserer Sprache ausdrücken konnte, dass die Weinberge auf den Hügeln des Dorfes Montaigu kultiviert und als „Demeter-Gut“ seit 2003 zertifiziert sind. Chardonnay, Savagnin, Trousseau, Pinot Noir und Poulsard stehen im Anbau. Im für die Größe unserer Gruppe engen aber durchaus ansprechenden Verkostungs- und Verkaufsraum wurden die Verkostung mit einem

1) 2006er Crémant de Jura eröffnet. Ein reinsortiger Chardonnay, der mit € 7,50 im Verkauf ist. Ein frischer Crémant, der seine Herkunft, die Chardonnay-Traube nicht verleugnete, mit einer leichten Reifenote, die ihn aber sehr schmückte.

2) 2008er Poulsard wurde uns als nächstes ausgeschenkt, ein unfiltrierter Wein mit zartem mineralischem Duft, der für € 9,50 angeboten wurde.

3) 2007er Trousseau mit leicht mineralischem Duft, Erdbeer- und Himbeerfrucht am Gaumen, mittlerer Körper und leichter Tanninstruktur, € 13,00

4) 2007er Pinot Noir mit malolaktischer Nase, zart sortentypisch im Geschmack. Der Pinot Noir hatte für 4 ½ Monate die Maischegärung durchlaufen und wurde anschließend für 12 Monate ins Eichenfass gelegt. Ausgeprägte Frucht zeichnete diesen Wein aus, insbesondere Kirscharomen, rote Johannisbeere und leicht adstringierender Abgang, € 11,00

5) Das folgende Cuvée trägt die Bezeichnung GPS, ein Assemblage aus Gamay blanc, Chardonnay, Pulsard und Savignin. Ein spontan vergorener Wein, unfiltriert und ohne Zusatz von S02 (!) des Jahrganges 2008. Ein Wein, der sich im Glas doch anders präsentierte, wie man von dem Herstellungsprozess erwarten konnte: zartduftig, am Gaumen deutliche Säure mit frischen Abgang, € 10,00

6) 2007er A La Percenette, ein Wein der Rebsorte Chardonnay mit sortentypischer Nase, am Gaumen gut eingebundene Barrique-Aromen spürbar und frischer Säure       im Abgang, € 13,00

7) 2005er Cellier Des Chartreux. Ein Chardonnay mit 2-jähriger Lagerung im Barrique und     1Jahr im großen Holzfass, € 10,00. Barriquenase, sortentypischer eleganter Körper, gute Säure

8)       2002er Vin Jaune aus der Rebsorte Savagnin. 6 Jahre lagerte dieser Wein im Holzfass, bevor er auf die typische 62 cl-Flasche gefüllt wurde. Goldgelb steht der Wein im Glas und bereits im Duft waren Sherry-Noten erkennbar, die sich am Gaumen fortsetzten. Es entwickelten sich vielschichtige Aromen, die an Haselnüsse, Honig und Brot erinnerten. Die spürbare Säure verleiht diesem Wein, gepaart mit einem dichten Körper eine gewisse Eleganz, die ihn zu einem guten Partner für Süßspeisen macht aber auch als Aperitif bestens geeignet ist. Der Ertrag lag bei 25 hl/ha, dementsprechend liegt der Preis mit € 29,00 in einem akzeptablen Bereich.

9)       2002er Vin de Paille, gekeltert aus Chardonnay und Savagnin und der roten Traube Poulsard. Abgefüllt in einer halben „Vin Jaune-Flasche (37,5 cl) lockt der Wein mit einer strohgelben Farbe. Ausgesprochen würziger Duft mit einer vielschichtigen Aromatik. Am Gaumen besticht eine feine Süße, getrocknete Früchte, Nüsse und einem langen Abgang. Die Flasche wird mit € 22,00 angeboten.

Herr Kalchthaler musste zum Aufbruch drängen, hatten wir doch noch ein Weingut auf dem Plan und natürlich nahmen einige Weinfreunde auch einige Flaschen Wein von diesem Weingut mit.

Nach einer kurzen Wegstrecke erreichten wir Arlay und parkten vor dem herrlich gelegenen Schloss. Wir durchschritten eine mit alten Bäumen bepflanzte Allee und erreichten das Schloss, das auf das 11. Jahrhundert zurückgeht. Der Schlossherr Alain de Laguiche begrüßte uns auf dem Vorhof des Schlosses und gab uns einen Einblick in die Geschichte des Schlosses und des Gutes von 30 ha. Das Weingut wurde bereits im Mittelalter von den Grafen von Chalon-Arlay, Fürsten von Orange, am Fuße ihrer mächtigen Festung angelegt. 1960 übernahm der Vater des heutigen Schlossherrn, Graf R. de Laguiche, das Weingut, das heute von seinem Sohn Alain geleitet wird. Wie uns Alain de Laguiche versicherte, legt er Wert auf einen individuellen Ausbau, d.h. auch kleinere Parzellen erfahren eine separate Lese und werden nach Rebsorte und Boden ausgebaut. Die Böden profitieren von einer im Untergrund gut bewässerten Geologie, bestehend aus fossilienhaltigen Kalkböden und gehaltvollem Mergel. Etwa 1/3 der jährlich produzierten 120.000 Flaschen geht in den Export, was für die Güter des Jura ein überdurchschnittlich hoher Anteil ist.

1)       Als erster Wein wurde uns ein 2002er Le Vin Corail, 5 cépages ausgeschenkt, ein „gemischter Satz“ aus allen drei roten Rebsorten (Pinot Noir, Trousseau, Poulsard) und zwei Weißweintrauben (Chardonnay, Savagnin). Bedingt durch seine hellrote Farbe wird er hier als „Korallenwein“ bezeichnet. Nach Aussagen von Herrn de Laguiche wird ein solcher Wein nur hier auf dieser Domaine produziert. Der Wein präsentiert sich duftig, fruchtig, leicht mit guter Säure und strukturiertem Abgang, € 8,80

2)       2004er Le Vin Rouge (100% Pinot Noir). 85% der Lese wurde abgebeert, 15% wurde mit dem Stielgerüst zur Gärung gegeben, um dem Wein die erforderliche Tanninstruktur mitzugeben. Die Lagerung erfolgte im großen Holzfass (kein Barrique). Die Verkostung zeigte keine spätburgundertypischen Geruchs- und Geschmacksnoten. Er zeigte aber eine gute Balance, frische Säure, am Gaumen Sauerkirsche und rote Johannisbeeren, eleganter Körper und Abgang, € 11,00

3)       2004er Chardonnay à la Reine. Ausbau im Edelstahl, ebenso die Lagerung für 3 Jahre. Dadurch sehr sortentypischer Chardonnay-Geschmack, der auch den Boden erkennbar macht. Es sind alte Chardonnay-Reben, die in direkter Nähe von Trockenmauern wachsen und von der tagsüber gespeicherten Wärme profitieren. Neben dem sortentypischen Geschmack war auch eine deutliche Feuersteinnote erkennbar, elegante Säure und Abgang zeichneten diesen Wein aus, € 8,50

4)       2003er Le Vin blanc Tradition (1/3 Savagnin, 2/3 Chardonnay). Die Trauben werden direkt nach der Lese bereits vor der Gärung vereint. Mineralische Nase, am Gaumen Curry und Kreuzkümmel, Abgang, € 12,50

5)       2002er Le Vin Jaune mit 13,5 Vol.-% Alc. Der Wein lag 6 Jahre und 3 Monate im Fass.   Er ist ausgestattet mit einem würzigen Duft mit leichter Sherry-Note, am Gaumen zuerst Säure im Vordergrund, es kommen dann Arom von Karamell, Honig und getrockneten Früchten, insbesondere Feigen, langer Abgang, 62 cl € 31,50

6)       2005er Le Vin de Paille, ein „Strohwein“ der Rebsorten Trousseau und Poulsard, Chardonnay und Savagnin. Die Trauben für diesen Wein werden als erste gelesen und lagern dann auf    Strohmatten in luftdurchströmten Räumen bis Februar des Folgejahres, wobei sie ca. 80% an Feuchtigkeit verlieren. Aus 100 kg Trauben wird dadurch nur noch ca. 15 bis 18 Liter Saft gewonnen. Nach der erfolgten Pressung und Gärung mit den natürlichen Hefen erfolgt der Ausbau für 3 bis 4 Jahre im Fass. Ein Wein mit einem deutlichen Karamell-Duft und einer rauchigen Note, am Gaumen elegante Süße und auch etwas Rauch, komplexer Körper, getrocknete Aprikosen, Bergamotte, frisches Brot, langer und komplexer Abgang, 37,5 cl € 33,00

7)       Ohne Jahrgang: Le Macvin Blanc ou Rouge. 1/3 Chardonnay, 1/3 Savagnin, 1/3 Trester. Ein Wein der 7 Jahre gelagert wurde. Im Duft Stroh und Heu, geröstetes Brot, am Gaumen gut eingebundene schöne Süße, Quitte, Orangeat und Zitronat, deutliche aber nicht störende alkoholische Note, € 19,50.

Auch hier bedankten wir uns, wie bei den zuvor besuchten Domänen mit einem Weinpräsent von der Mosel. Zurück führte uns der Weg zum letzten Abend nach Besançon. Das Abendessen nahmen wir nicht im Hotel, sondern in einem gut zu Fuß zu erreichenden Restaurant „Tour de la Pelote“ ein, einem umgebauten ehemaligen Wachturm. Wenn auch das Ambiente ansprechend war, so saßen wir leider eng gedrängt ohne großen Bewegungsspielraum, was den Genuss eindeutig schmälerte.

3. Tag, Dienstag, 25. August 2009

Heute hieß es Koffer packen und verladen, um uns dem nächsten Anbaugebiet, dem Elsass zu nähern.

Über Belfort erreichten wir die „Route des Crêtes“ oder auch Vogesenkammstraße genannt, die uns mit einer traumhaften Aussicht belohnte. Der Anlass zum Bau dieser wohl als einmalig zu bezeichneten Straße gaben nicht die Tourismusstrategen, vielmehr das französische Oberkommando im Ersten Weltkrieg aus militärstrategischen Gründen. Auf dem höchsten Punkt, dem „Grand Ballon“ mit seinen 1424 Meter machten wir unsere Mittagsrast oder genauer gesagt in dem etwas tiefer gelegenen „Hôtel du Grand Ballon“.

Das schöne Wetter lud auch zu einer Rast vor dem Hotel ein und der traditionelle Heidelbeerkuchen mit Kaffee schmeckte ebenso köstlich wie der Münster- und Jurakäse zum Wein. Von hier war es nicht mehr weit bis zu unserer ersten Stadtion im Elsass, dem gepflegten und hübschen Städtchen Thann. Thann war in der Vergangenheit mehr als Wallfahrtsort bekannt und so war es nicht verwunderlich, dass Herr Kalchthaler unsere Schritte zuerst zum Thanner Münster St-Thiébaut (Theobald) lenkte. Der 78m hohe gotische Turm gilt den Thannern als der schönste Kirchenturm vor Straßburg (der höchste) und Freiburg (der dickste). Beeindruckend war das großartige, von reichem Figurenschmuck  umgebende Hauptportal. Herr Kalchthaler als Kunsthistoriker zählt dieses Bauwerk nach dem Straßburger Münster zu dem bedeutendsten gotischen Münster im Elsass. Im Innern der Kirche weckte besonders die 1510 geschnitzte und bemalte Winzermadonna und die im Stil der Renaissance gehaltene Kanzel mit gotischen Elementen unsere Aufmerksamkeit. Thann selbst kann eine vorbildliche Fachwerkarchitektur vorweisen, sowie einen fast überbordend zu nennenden Blumenschmuck, mit teilweise seltenen Pflanzen, die unsere Blumenliebhaber zum Erfahrungsaustausch anregte. Nicht unerwähnt soll natürlich die nach Süden ausgerichtete steile Weinlage bleiben, die mit dem Prädikat „Grand Cru“ geadelt wurde. Eine Besonderheit sei noch bei dieser Lage erwähnt, sie ist der einzige Standort des Elsass, der auf vulkanischem Untergrund fußt. Am Ufer des Flüsschens Thur fällt das sogenannte „Hexenauge“ auf. Dazu muss man wissen, dass mit dem Westfälischen Frieden der Abriss des Château d’Engelbourg in Verbindung stand. Dabei zerbrach der runde Bergfried, und ein Teil blieb auf der Seite liegen. Seit damals blickt die innere Öffnung in Richtung Stadt, was der Ruine den Namen „Hexenauge“ einbrachte.

Nun konnte uns nichts mehr aufhalten, das erste elsässische Weingut stand auf dem Reiseplan – und was für ein Weingut! Von der internationalen Weinpresse hochgelobt, da waren wir natürlich besonders gespannt. Das Weingut liegt in Eguisheim, und da wir erst um 15 Uhr angemeldet waren, nutzten wir die Zeit uns Eguisheim etwas anzuschauen. Das einhellige Urteil unserer Weinschwestern und Weinbrüder: sehr sehenswert! Enge Gässchen, die entlang der Stadtmauern als Ringstraßen angelegt wurden, gepflegte Häuser, vorwiegend Fachwerkarchitektur und überall ein nicht zu überbietender Blumenschmuck. Nach der Überlieferung soll hier im 14. Jahrhundert der Elsässische Weinbau begonnen haben, wofür auch die heutigen Grand Cru-Lagen „Eichberg“ und „Pfersigberg“ (Pfirsichberg) sprechen.Einer der Söhne von Weingut Emile Beyer, das seinen Ursprung im Jahr 1580 hat, begrüßte uns im Innenhof und gab uns zuerst einige Informationen über das Weingut. Diese waren im Gegensatz zu den Gütern im Jura jetzt in deutscher Sprache oder im elsässischen Alemannisch, was Herrn Kalchthaler die Übersetzung aus dem Französischen ersparte. 17 ha werden naturnah bewirtschaftet, 80% der Weine stammen von eigenen Reben, die restlichen 20% werden als Trauben zugekauft. Zurzeit läuft die Umstellung auf einen als Bio-Weingut zertifizierten Betrieb. Die räumliche Enge war Anlass dafür, einen neuen Keller vor den Toren der Stadt zu bauen, der für die diesjährige Lese schon seine Bewährungsprobe haben soll.

1)       Als erster Wein wurde uns ein 2008er Pinot blanc „Tradition“ trocken ausgeschenkt. Ein duftiger Wein mit einer guten Balance, angenehme Fülle und harmonischem Abgang. Die Reben für diesen Wein stehen auf Mergel-/Kalkböden, der Ertrag lag bei 70-75 hl/ha. Nach einer langsamen und schonenden Pressung erfolgte eine Vorfiltration und nach der Gärung eine weitere Lagerung auf der Feinhefe, € 5,00

2)       2008er Muscat „Tradition“ trocken, mit 12,5 Vol.-% Alc. und 85° Oe. Zarter Rosenduft, der sich am Gaumen weiter verstärkt, harmonische Säure, frisch € 6,50

3)       2008er Cuvée de L’Hostillerie, Riesling, trocken mit 3g Restzucker. Die Reben stehen auf einem Kalkboden. Die Bezeichnung „L’Hostillerie“ bezieht sich auf die   Reben, die mindestens 30 Jahre alt sind. Ein duftiger Wein, fruchtig mit dichtem Körper, gelbe Früchte (Aprikosen, Pfirsich) und gut strukturiertem Abgang, € 9,50

4)       2007er Riesling Grand Cru Pfersigberg trocken mit 3 g Restzucker. Der Wein gärte bis Anfang 2008. Die Grand Cru-Lage Pfersigberg ist eine Weinbergslage mit hohem Kalkanteil, was sich auch in der Aromatik bemerkbar machte. Zarte Fruchtnase, am Gaumen deutliche gelbe Früchte, große Fülle, beste Balance und gut strukturiertem Abgang. Ein Wein mit Zukunft, € 13,50

5)       2006er Gewürztraminer Grand Cru Pfersigberg. Deutlicher Rosenduft, auch am Gaumen vielschichtiges Rosenbukett, viel gute Süße, die mit einer gut eingebundenen Säure harmonisiert, langer gut strukturierter Abgang, € 14,00.

Ein Gradmesser für die Einschätzung der Weinfreunde über die Qualität der Weine ist immer der Einkauf beim Winzer. Bei Emile Beyer wurde so viel eingekauft, dass der Winzer den Wein mit einem Fahrzeug zum Bus brachte.

Der Bus fuhr uns ohne Unterbrechung nach Andlau, wo wir im Hotel Kastelberg unsere Zimmer bezogen und auch für die kommenden Tage unsere Bleibe war. Das Hotel liegt in einer guten Lage am Rande von Andlau, die Zimmer teilweise mit Blick auf die Rebberge. Ein Familienbetrieb, und von der Küche war man bemüht, uns die Elsässische Küche etwas näher zu bringen.

4. Tag, Mittwoch, 26. August 2009

Das tief in die Vogesenvorberge eingeschnittene Tal war einigen Weinfreunde durch seine drei Grand-Cru-Lagen „Kastelberg“, „Mœnchberg“ und „Wiebelsberg“ bereits bekannt. Aber unser erster Weg führte uns nicht dahin, sondern begann mit einem kleinen Fußmarsch zur Erkundung von Andlau. Einerseits die Rebberge, auf der anderen Wegseite ein kleines Flüsschen, das noch in seinem ursprünglichen Bachbett fließen konnte. Ursprung von Andlau war ein Kloster, das die später heilig gesprochene Richardis um 880 gründete. Sie wurde 862 mit Karl III. (dem Dicken) vermählt. Nachdem jedoch Richardis von Karl verstoßen worden war, traf sie – so will es die Legende – in den Vorbergen der Vogesen auf eine Bärin, die ihr Ort und Stelle für eine Klostergründung zeigt. Kein Wunder, dass man in Andlau auf Schritt und Tritt dem Bärensymbol begegnet. Auch die romanische Abteikirche Ste-Richarde ist dabei nicht ausgenommen. Herr Kalchthaler erläuterte uns den kunsthistorisch interessanten 60cm hohen und 28m langen Bilderreigen, der über die gesamte Westfassade läuft. Tier- und Menschenfiguren, Fabelwesen, Ritter, ein Bauer bei der Fuchsjagd ist zu sehen. Nachdem wir auch das Innere der Kirche in Augenschein genommen hatten, lenkten wir unsere Schritte über den Marktplatz auf dem gerade Markttag abgehalten wurde zur Domaine Remy Gresser.

Nach einer Begrüßung auf dem Hof des Anwesens gelangten wir in den Probierraum der Domaine, wobei wir geschichtliche und aktuelle Details in ausführlicher Breite erfuhren. Ende des 16. Jahrhunderts ließ sich die Familie Gresser in Andlau nieder. 1667 begann die Familie mit dem Weinbau. Wie damals üblich war der Weinbau einer von mehreren Erwerbsmöglichkeiten, doch wurden die Weine wie heute im Hause gekeltert. Remy Gresser ist Vizepräsident des elsässischen Weinbauverbandes und schlug argumentativ den Bogen von der geologischen Entwicklung des Rheintales bis zur weinbaupolitischen Entwicklung heute, wobei er auch Kritik zur aktuellen EU-Gesetzgebung nicht aussparte. Remy Gresser hat seinen Betrieb auf naturnahen Weinbau ausgerichtet, so erfolgt auch die Schädlingsbekämpfung nur nach biologischen Gesichtspunkten, wobei auch die Problematik „Kupfer“ angesprochen wurde. Der Betrieb ist zwischenzeitlich als biodynamischer Weinbaubetrieb zertifiziert.

1)       2007er Andlau Riesling mit 12.5 Vol.-% Alc. Der Basiswein, wobei die Reben auf Sandboden stehen, was sich in der Aromatik niederschlägt. Mineralischer Duft, auch am Gaumen deutliche Mineralik, ausgeglichen, schlanker Abgang, € 6,70

2)       2004er Grand Cru Moenchberg, Riesling, mit 12,5 Vol.-% Alc. Die Reben stehen auf Muschelkalk. Leichte Reifetöne in der Nase, zarte Fülle, gute Balance, zart rauchig im Abgang, € 13,50

3)       1998er Grand Cru Wiebelsberg, Riesling Vieilles Vignes mit 13 Vol.-%Alc. Unter dem Begriff „Vieilles Vignes“ versteht man alte Rebstöcke, die in diesem Fall durchschnittlich über 60 Jahre alt sind. Die Reben stehen auf Buntsandstein. Vollfruchtige zart gereifte Nase, Fülle gepaart mit viel Extrakt, beste Balance,     geschmeidiger fast noch frisch zu nennender Abgang, € 18,00

4)       2008er Pinot Gris „Brandhof“ Terroir de Calcaire mit 13 Vol.-%Alc. Die Reben stehen auf einem Kalkboden. Mineralische Nase, am Gaumen Birne, Mirabelle, frischer Abgang, € 7,90

5)       2007er Pinot Gris „W“ mit 13 Vol.-%Alc. Die Reben stehen auf Buntsandstein. Verhaltener Duft, am Gaumen viel Extrakt, gelbe Früchte, Mirabelle, etwas Nuss, geschmeidig, dicht, gute Balance, auch Dichte im Abgang, € 14,00

6)       2007er Gewürztraminer „Kritt“ Terroir de Graves mit 12,5 Vol.-%Alc. Die Reben stehen auf einem Boden mit hohem Kiesanteil. Zarter Gewürztraminerduft, am Gaumen typische Gewürznoten, Rosen, zarte Säure und Süße, guter Abgang, € 7,20

7)       2000er Gewürztraminer „Duttenberg“ Vieilles Vignes (alte Reben), mit 12,5 Vol.-%Alc. Die Reben stehen auf einem Boden mit hohem Kiesanteil. Zarter Gewürztraminerduft, am Gaumen dichte, Karamellnoten, leichte Reife erkennbar, etwas breit, € 17,00

8)       1998er Grand Cru Kastelberg Riesling „Vendanges Tardives“ (diese Bezeichnung ist mit einer Spätlese vergleichbar) mit 12,5 Vol.-%Alc. und 50 g RZ. Die Grand Cru Lage Kastelberg hat einen Schieferboden. Zarte mineralische Nase, deutliche Schiefernote am Gaumen, feine Süße, geschmeidig, leichter Petrolton, gute Balance, Abgang, € 32,00

9)       2006er Grand Cru Wiebelsberg Riesling Sélection de Grains nobles (unter »Sélection de Grains nobles« versteht man im Elsass einen edelsüßen Wein) mit 13 Vol.-%Alc. Zarte Mineralik, dichte elegante Süße mit Botrytis, fast überströmendes Fruchtbukett mit gelben Früchten und auch getrockneten Früchten, insbesondere Aprikosen, Anklang an Honig, langer komplexer Abgang. Ein edles Gewächs mit Zukunft. Der Wein wird in der 0,5 Liter Flasche für € 65,00 angeboten.

Bei bester Stimmung stiegen wir in den Bus und fuhren der elsässischen Weinstraße entlang, bis wir Schlettstatt/Sélestat erreichten, das zu den schönsten Orten der Rheinebene gehört. Der Stadtkern ist mittelalterlich geprägt, wobei die Chronik noch deutlich weiter zurückgeht. Karl der Große soll 775 die Stadt geweiht haben, deren Geschichte im 11. Jh. deutlichere Konturen anzunehmen begann. Benediktinermönche errichteten die Eglise Ste-Foy (Sankt Fides), die nach einer Märtyrerin benannt wurde. Das Gotteshaus erfuhr im Laufe der Jahrhunderte immer wieder Umbauten und Erweiterungen, so zuletzt Ende des 19. Jh. die vollendeten Türme an der Westfassade. In dem großartigen Innenraum war gerade eine Kunstausstellung einer elsässischen Künstlerin zu sehen. Der Innenraum war im Barock neu ausgestattet worden, wurde aber im 19. Jh. zurückgebaut, um den ursprünglichen romanischen Stil wieder Geltung zu verschaffen. In unmittelbarer Nähe liegt das gotische Münster St. Georg (Eglise St-Georges).

Hier war früher die berühmte humanistische Bibliothek untergebracht, die auf den Historiker, Philologen und Humanisten Beatus Rhenanus zurückgeht.

Bei sommerlichen Temperaturen haben wir die Mittagszeit verbracht, zumeist in einem der zahlreichen Restaurants und Cafés mit Außenbestuhlung im Fußgängerbereich.

Dambach-la-Ville war unser nächstes Ziel, wobei hier die Domaine von Charles und Dominique Frey im Mittelpunkt stand. Nach Begrüßung und Kellerrundgang erfuhren wir von dem Winzer Details über seinen Betrieb und den Weinbau dieses Gebietes allgemein. Seine Vorfahren kommen aus der Schweiz und haben ab 1670 hier Landwirtschaft mit Viehzucht, Obst- und Weinbau betrieben. Dambach-la-Ville ist der größte Weinort im Elsass, allerdings ist die Anzahl der Betriebe stark rückläufig. Vor einigen Jahrzehnten waren es immerhin noch 60 selbstständige Betriebe, heute haben gerade die Hälfte, 30 Betriebe, ihre Selbstständigkeit bewahrt. Die Domaine ist als Biodynamischer Betrieb zertifiziert und produziert jährlich durchschnittlich 180.000 Flaschen. Mit einem

1)       2006er Crémant d’Alsace „Plaisir Perlant“ Sélection Guide Gilberg & Gaillard       wurde die Probe eröffnet, einem Extra brut mit nur 1 g RZ. Der Crémant wurde nach der            klassischen Methode – Flaschengärung – produziert. Er zeigte eine typische Burgundernase, frisch und feinperlig mit mittlerem Körper. Am Gaumen gelbe Früchte und gutem Abgang, € 8.70

2)       2006er Pinot Noir „Quintessence“ Sélection Guide Gilbert & Gaillard, Glasverschluss. Der Wein lag 24 Monate im Barrique, daher schon an der Nase typische Barriquearomen, besonders Nelke. Am Gaumen weich und geschmeidig, schwarze vollreife Kirschen, gut strukturiert, Abgang, € 11,00

3)       2008er Riesling „Tradition“. Ein zartes Fruchtbukett war erkennbar, deutliche Säurestruktur, grüner Apfel, frisch, gradlinig, was sich im Abgang fortsetzte, € 6,50

4)       2007er Riesling Grand Cru Frankstein, Sélection Guide Gilbert & Gaillard, ein Wein mit    12,5 Vol.-%Alc. und 7‰ Säure. Frankstein ist die einzige Crand Cru-Lage von Dambach-la-Ville mit Granitboden und zählt zu den besten Lagen des Elsass. Fruchtbetonte Nase, insbesondere Aprikose, Melone, extraktreich, kräftige aber gute Säure, harmonisch, gut strukturierter Abgang, € 11,00

5)       2006er Pinot gris Grand Cru Frankstein. An der Nase leichter Anklang an Barrique mit etwas Birne, dichter Gaumen mit hellen Früchten, Birne, Haselnuss, gute Struktur, die sich im Abgang fortsetzt, € 11,50

6)       2007er Gewürztraminer „Collines de Granit“. Am Rand der Crand Cru-Lage Frankstein gewachsen, sortentypisch aber nicht aufdringlich im Geruch, harmonisch auch am Gaumen, deutliches Fruchtbukett und Rosenblüten, gute Balance, guter Abgang, € 8,00

7)       2007er Gewürztraminer „Clos St Sébastian, 13 Vol.- %Alc. Auf Granitboden gewachsen, mit Restsüße von 33 g vinifiziert. Sehr sortentypischer Anklang, am Gaumen deutliche aber nicht aufdringliche Rosenaromen, eingebunden in ein stabiles Fruchtbukett, geschmeidig, langer Abgang, € 13,00

Man spürte deutlich, dass Herr Frey auf seine Gewürztraminer sehr stolz war, was sich in den zahlreichen Goldmedaillen ausdrückte, zuletzt noch in Colmar. Durch den interessanten Betrieb waren wir zeitlich etwas in das Hintertreffen geraten, doch ein kurzes Telefonat, das Herr Kalchthaler mit dem Winzer Beyer führte, beruhigte uns, denn wir waren auch später willkommen.

Patrick et Mathieu Beyer in Epfig war der Betrieb und wir wurden von dem jungen Winzer Mathieu Beyer herzlich begrüßt. Ein kurzer Kellerrundgang zeigt uns, dass es sich hier um einen noch relativ jungen Betrieb handelte. Auf dem überdachten Innenhof war für uns bereits eingedeckt und dazu gesellte sich die Mutter des Winzers, die uns mit klassischem Elsässer Gugelhupf begrüßte, was die Weinfreunde dankbar annahmen. Da Mathieu Beyer nur etwas Deutsch sprach, war hier wieder Herr Kalchthaler mit seiner Übersetzung gefragt.

Es wird alles auf Flaschen gefüllt, davon werden 40% direkt an die Endverbraucher verkauft, 60% gehen an die Gastronomie und Geschäfte im Umkreis. In dem Betrieb wird noch herkömmlich produziert, d. h. möglichst schonend, ohne große Technik. Über Nacht lässt man den Most absetzen, bevor er dann für durchschnittlich 2 Wochen in die Gärphase übergeht. Der Ausbau geschieht vorwiegend in Holzfässern.

1)       2007er Silvaner mit 12,5 Vol.- %Alc. und 3 g RZ. Duftig, feine Süße, harmonisch, fruchtbetonter Abgang, € 3,80

2)       2007er Pinot Blanc mit 12,5 Vol.- %Alc. und 5 g RZ. Verschlossen im Duft, ausgeglichen, kurzer Abgang, € 4,00

3)       2007er Riesling Pflanzer mit 12,5 Vol.- %Alc. Zartduftig, Würze am Gaumen, grüne Aromen wie frisch geschnittenes Gras, kurzer Abgang, € 5,30

4)       2007er Pinot Gris mit 13 Vol.- %Alc., (alte Reben). Duftig, zart fruchtig, am Gaumen gelbe Früchte, getrocknete Aprikosen, harmonisch, süffig, guter Abgang, € 5,60

5)       2007er Riesling Pflanzer „Prestige“ mit 12,5 Vol.- %Alc. Fruchtige Nase (gelbe Früchte,   Aprikosen), elegante Note, Pfirsich, Aprikosen, Anklang an grüne Kräuter, süffig, gute Würze auch im Abgang, € 6,70

6)       2008er Gewürztraminer „Moellex“. Zarter Rosenduft, mittlere Süße, harmonisch, füllig, Balance, guter Abgang, € 5,50

7)       2007er Gewürztraminer „Alte Reben“ mit 13,5 Vol.- %Alc. Deutlicher Rosenduft, dichte    Süße am Gaumen, Rosenaromen deutlich aber harmonisch, gute Balance, Abgang, € 6,10

8)       2007er Silvaner „Douceur d‘ Automne“ (übersetzt die Süße des Herbstes) mit 12,5 Vol.- %Alc. und 15,3 g RZ. Würzig-fruchtige Nase, am Gaumen elegante Süße, viel Frucht (gelbe Früchte), guter Abgang, € 7,50

9)       2007er Gewürztraminer „Vendanges Tardives“ (Auslese) mit 12,5 Vol.- %Alc. und 7 g RZ. Im Duft deutliche Rosennoten und Ausleseduft, dichter Körper, deutliche und gute Süße, langer ausgewogener Abgang, € 15,00

10)   2008er Pinot Noir mit 13,5 Vol.- %Alc. Dieser Wein wurde 2009 mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Malolaktische Nase, am Gaumen anfangs schwarze Johannisbeere, frisch, kräftige Säure – noch zu jung, € 5,20

11)   Crémant. Schwaches Bukett, am Gaumen Anklang an schwarze Johannisbeere, frisch, Säurebetonter Abgang, € 6,50

Eine sympathische Winzerfamilie, bei der man spürt, dass sie den Beruf des Winzers wirklich als „Berufung“ lebt.

Die heilige Margarete, die zu den vierzehn Nothelfern gehört, ist die Schutzpatronin der Bauern und so ist die ihr geweihte, unter Denkmalschutz stehende Kapelle bei Epfig auch ein kleines ländlich-bäuerliches Heiligtum. Die romanische Kapelle mit ihrem kreuzförmigen Grundriss stammt aus dem 11. Jahrhundert und gehört somit zu den ältesten Kirchen im Elsass. Ein Beinhaus aus dem 19. Jahrhundert enthält die sterblichen Überreste der im Bauernkrieg gefallenen Soldaten und/oder die der Einwohner des nahegelegenen, im 16. Jh. abgebrannten Dorfes Gallweiler. Näheres lässt sich heute nicht mehr feststellen. Für einen kurzen Halt statteten wir dem kleinen Kirchlein einen Besuch ab und hatten das Glück, dass wir an einer Führung teilnehmen konnten, die zwei Damen der Kirchengemeinde gerade durchführten.

Langsam neigte sich der Tag dem Ende zu, doch bevor wir uns der sprichwörtlichen elsässischen Feinschmeckerküche in Ebersmünster zuwandten, widmeten wir uns einem anderen sakralen Kleinod. Die Ancienne Abbaye d’Ebersmunster ist ein beachtenswertes Barockbauwerk, das alleine schon deshalb bemerkenswert ist, da im Gegensatz zu Süddeutschland im Elsass der barocke Baustil keine große Rolle spielte. Schon bevor man die Kirche der Benediktinerabtei betritt, beeindruckt die mächtige Doppelturmfassade. Stuck und Malereien, wie etwa die Deckengemälde mit Szenen aus dem Leben der Heiligen Benedikt und Mauritius, aber auch Samson mit dem Löwen als Trägerfigur der Kanzel verleihen dem Kircheninneren eine opulente Pracht.

Gegenüber der Kirche, romantisch an einem kleinen Fluss gelegen, liegt das Restaurant Aux Deux Clefs (die beiden Schlüssel sind ein Hinweis auf dem heiligen Petrus). Ein typisches, im elsässischen Stil eingerichtetes Lokal, das in der eigentlichen Gaststube Platz für den örtliche Bevölkerung für den feierabendlichen Dämmerschluck bietet. Im Nebenraum war für uns schon festlich eingedeckt, der schon ahnen ließ, dass uns heute Abend einige Köstlichkeiten bevorstanden. So bewahrheitete es sich auch, keine großen Portionen, dafür mehrere Gänge, die auch für das Auge ein Erlebnis waren. Eine Besonderheit erfuhren wir dabei am Rande: Das Aux Deux Clefs ist eins von 13 Sterne-Restaurants, die sich zur „Routede la Matelote“ zusammengeschlossen haben. Damit soll das alte elsässische Matrosengericht, das typisch für die Feuchtgebiete wie das Ried war, in Erinnerung gehalten werden. Gleichzeitig soll damit der Beweis erbracht werden, dass „einfache“ Gerichte auf hohem Niveau gekocht, noch heute ein Erlebnis sind. Nach alter Tradition besteht dieses Gericht im Elsass aus Süßwasserfischen: Hecht, Aal, Zander, Schleie, Barsch und Aalrutte. Jedes dieser Restaurants bereitet dieses Gericht nach Familienüberlieferung auf ihre eigene Weise zu. Niemand der Weinfreunde hat es bereut, diesen Ausflug aus dem Reiseprogramm mitgemacht zu haben, obwohl dieser Besuch nicht im Reisepreis inkludiert war. Beim Verlassen des Restaurants war noch ein Blick auf das angestrahlte Münster empfehlenswert, eine unbeschreibliche Atmosphäre ging davon aus. Erst spät brachte uns der immer um unser Wohlergehen besorgte Fahrer, Herr Wolfgang Behrends zurück zu unserem Hotel Kastelberg in Andlau.

5. Tag, Donnerstag, 27. August 2009

Unser erstes Ziel war Rappoltsweiler/Ribeauvillé, einst Sitz des mächtigen Grafengeschlechts derer von Rappoltstein, welches das Reichslehen über Gaukler und Spielleute am Oberrhein innehatte. Schon beim Ausstieg aus dem Bus erkannten wir, dass wir heute früh als erstes ein besonderes Weingut besuchen würden. Schon beim Betreten des Weingutes fiel die außergewöhnliche Architektur mit überdimensionalen Fachwerk-Türmen auf. Begrüßt wurden wir von einem Familienmitglied des Gutes Pierre Trimbach, das heute in der 12. Generation geführt wird. Während des Rundganges durch den Betrieb erläuterte uns Herr Trimbach die Betriebsphilosophie: Jeder Arbeitsgang wird überwacht, von der Pflanzung der Reben, den Pflegemaßnahmen im Weinberg, der Traubenlese, der Vinifizierung bis zur Flaschenfüllung. Nichts wird dem Zufall überlassen, so ist auch die kontrollierte Gärung selbstverständlich. Man pflegt den klaren, rassigen und trockenen Weinausbau. Stolz ist man darauf, dass Trimbach-Weine auf nahezu allen Weinkarten der Spitzenrestaurants gelistet sind. Die „großen“ Weine der Rebsorten Riesling und Gewürztraminer werden erst nach drei Jahren Flaschenlagerung verkauft. 40 ha Reben sind in Eigenbesitz, Trauben von 100 ha werden von umliegenden Winzern zugekauft. Der Rebsortenspiegel: 40% Riesling, 20% Pinot blanc, 20% Gewürztraminer, 14% Pinot gris, der Rest verteilt sich auf Versuchsfläche. 1 Million Flaschen werden jährlich abgesetzt. Direkt hinter dem Gut liegt die Grand Cru-Lage Geisberg.

Ebenso wurde nicht ohne Stolz auf die exklusive Lage des Clos Ste. Hune in der Gemeinde Hunawihr hingewiesen, wo ausschließlich Rieslinge stehen, die besonders langlebig sind. In 2009 ist der Beginn der Lese des Auxerrois bereits in der kommenden Woche, Anfang September. Der Grund liegt in der Säure, die bereits langsam im Abbau begriffen ist. Die 100-Tage-Regel gilt nicht immer: In 2007 war es umgekehrt, die Lese lag zwischen 110 und 120 Tagen.

Im Verkostungsraum probierten wir nachstehende Weine:

1)       2007er Pinot blanc (70%Auxerrois, 30% Pinot blanc) mit 12,5 Vol.- %Alc., 7,2 ‰ Säure und 1,5 g RZ. Im Duft deutliche Mineralik, süffig, ausgeglichene Balance, € 8,60

2)       2007er Riesling. Die Trauben für diesen Wein wurden zugekauft. Produktion: 250.000 Flaschen. 12,5 Vol.- %Alc., 7,5‰ Säure, 1,5 g RZ. Leicht anklingende Schwefelnase, deutliche Mineralik am Gaumen, kräftige leicht spitze Säure, grüner Apfel, mittlerer Körper, € 10,55

3)       2007er Riesling Reserve (ältere Reben), gelesen mit 90-93° Oe, 13 Vol. -%Alc.,  7,5‰ Säure, 1,7 g RZ. Verschlossen im Duft (Mineralik kommt mit der Zeit), gute Säurestruktur, auch im Abgang, € 14,00

4)       2004er Riesling Cuvée Frédéric Emile aus der Grand Cru-Lage Osterberg und Geisberg (Boden mit hohem Kalkanteil). Duft nach Aprikosen und Pfirsich, am Gaumen viel Frucht (gelbe Früchte) gute Harmonie mit stabilem Säuregerüst, das noch langes Leben verspricht, gut balancierter Abgang, € 31,80

5)       2001er Riesling Cuvée Frédéric Emile »375eme Anniversaire«– Edition zum 375-jährigem Jubiläum – mit 95-100° Oe gelesen, 13 Vol. -%Alc., 7,5‰ Säure, 4,3 g RZ. Deutliche Fruchtnase, dichter fruchtiger Körper, insbesondere Aprikose, sehr gute Balance, gut strukturierter Abgang, € 44,00

6)       2002er Pinot Gris »Réserve Personnelle« (eigener Weinberg) mit 13,5 Vol. -%Alc., 6‰ Säure, 11 g RZ. Fruchtbetonte Nase mit gelben Früchten, elegante Süße, sortentypischer dichter Körper, geschmeidiger langer Abgang, € 22,50

7)       2001er Gewürztraminer (Cuvée des „Siegerweines“) gelesen mit 105° Oe, 13,5 Vol. – %Alc., 4,5‰ Säure, 12g RZ. Zarter sortentypischer Duft, am Gaumen deutliche Rosennoten, sehr dicht mit viel Schmelz, im Abgang leichte Bitternote,           mittlerer Abgang, € 26,60

8)       2002er Gewürztraminer »Vendange Tardive« (= Beerenauslese) mit 124° Oe gelesen, 13 Vol. -%Alc., 4‰ Säure und 70 g RZ. Feiner eleganter Gewürztraminerduft, eleganter Körper, beste Balance, sortentypisch am Gaumen, vielschichtig, sehr            langer Abgang, € 56,00

Auch hier wurden wir sehr gastfreundlich und großzügig bewirtet, sodass der Abschied nicht leicht viel. Wenige Schritte vor dem Betrieb sah man die alte Stadtmauer von Ribeauvillé mit einem Wehrturm beeindruckender Größe. Auf diesem saß ein brütendes Storchenpaar, für uns ein eher seltener Anblick, im Elsass dagegen ein gewohntes Bild.

Leider ließ es die Zeit nicht zu, dass wir uns das sehenswerte Städtchen näher anschauen konnten, am Marktplatz wartete schon unser Bus, der uns nach Kaysersberg brachte. Schon von weitem war die Ruine der im 12. Jh. von Friedrich II. von Hohenstaufen errichteten Kaiserburg zu sehen. Zuerst nahmen wir die Kirche Eglise Ste-Croix (Heiligkreuz) mit einem schönen romanischen Portal in Augenschein. Durch zahlreiche bauliche Veränderungen büßte das Gotteshaus ihr romanisches Aussehen weitestgehend ein, jedoch waren im Innern der geschnitzte spätgotische Altaraufsatz sowie die im Triumphbogen vor dem Chor hängende Kreuzigungsgruppe sehr beeindruckend.

Bei einem gemeinsamen Rundgang ließen wir das mittelalterlich gut erhaltene Ortsbild auf uns wirken, bis zu einer 450 Jahre alten Brücke, die noch mit Schießscharten ausgestattet ist. Zwischenzeitlich war es Mittag geworden, und jeder hatte die Gelegenheit je nach Lust und Neigung weiter zu bummeln oder in einem der zahlreichen Gaststätten sich zu stärken. Das Wetter lud dazu ein auch draußen zu sitzen und einen traditionellen Gugelhupf zu verzehren. Dem „Urwalddoktor“, Theologe und Kulturphilosoph Albert Schweitzer hat man in seinem Geburtsort Kaysersberg ein eigenes sehenswertes Museum gewidmet.

In Kientzheim-Kaysersberg wartete der nächste Betrieb auf uns, die Winzergenossenschaft Cave Vinicole. Auf dem Betriebshof wurden wir von dem Geschäftsführer begrüßt und über zahlreiche Details der Cave Vinicole informiert. Die Gründung war 1955 und hat 120 Mitglieder, die ihre Weinberge mit 160 ha im Kaysersberger Tal haben. Anmerkung: Im Prospekt der Genossenschaft werden noch 130 Mitglieder mit 170 ha aufgeführt (!).

Die Weinberge liegen im Wesentlichen in den Gemeinden Kientzheim, Kaysersberg, Sigolsheim und Ammerschwihr. Praktisch alle Bodenformationen sind vorhanden: leichter Kies bis Sand, Lehm, Kalk und Granit und man ist bestrebt beim Ausbau die Lagenindividualität zu erhalten. Der Ertrag der Grand Crus liegt bei 1.500 hl, was einem Anteil von 12% der Ernte entspricht. Die Grand Cru-Lagen: Schlossberg mit Granitböden, Fürstentum (Kalk), Mambourg (Kalk mit hohem Magnesiumanteil), Kaefferkopf (Muschelkalk). Es wird eine Ganztraubenpressung vorgenommen. Der Durchschnittsertrag der Grand-CruLagen liegt bei 55 hl/ha. Die höherwertige Linie wird mit einem Künstleretikett „Anne Bœcklin“ ausgestattet. Beim Betriebsrundgang waren bei den Fässern praktisch alle Materialien zu sehen, vorwiegend jedoch Edelstahl. Auffallend waren viele kleine Behältnisse, was den zuvor genannten individuellen Ausbau bestätigte. Auch ein großes Rüttelpult für die Herstellung von Crémant war zu sehen. Die Lagerkapazität wurde mit 2,8 Mio Flaschen angegeben.

Nun waren wir gespannt auf die Weinprobe:

1)       2006er Pinot blanc, ausgezeichnet mit der Médaille d’Argent Paris, 13 Vol. -%Alc. Zarte Frucht in der Nase und am Gaumen, gute Balance, mit süffigem Charakter, € 4,85

2)       2006er Riesling Patergarten, 13 Vol. -%Alc. Mineralische Nase, die sich am Gaumen fortsetzt, Zitrus, etwas Banane, gute Balance, rezent im Abgang, € 6,30

3)       2004er Pinot gris Altenbourg. Im Duft süße Melone, mit der Zeit kommt Mirabelle hinzu, am Gaumen viel Süße, Quittengelee, Abgang, € 7,70

4)       2007er Gewürztraminer Grand Cru Schlossberg, 13 Vol. -%Alc. Gutes Rosenbukett, das am Gaumen seinen Fortgang findet, dichter Körper, viel Süße, Rosen, Honig, gut strukturierter Abgang, € 10,40

Heute hatten wir uns die Hauptstadt des Departements Haut-Rhín, Colmar vorgenommen, wohl eine der bekanntesten und meistbesuchten Städte im Elsass. Hier war Herr Kalchthaler nicht das erste Mal, das merkte man schon an seinen Ausführungen bei der Stadtrundfahrt per Bus. Colmar kann auf eine wechselvolle Vergangenheit zurückblicken. Seit dem ausgehenden Mittelalter bildete Colmar neben Straßburg ein Zentrum des Humanismus und der Reformation. Nach und nach wurde Colmar in den Randbezirken auch zum Industriestandort. Doch über alle politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ereignisse und Veränderungen hinweg blieb der mittelalterliche Stadtkern im Großen und Ganzen unverfälscht erhalten, dass sich Colmar zu den schönsten Städten im Osten Frankreichs zählen kann. Um dies hautnah zu sehen verließen wir den Bus und erkundeten die Altstadt zu Fuß.

Die ersten Schritte führten uns entlang an einer der zahlreichen Wasserstraßen Richtung Zentrum zum Place de l’Ancienne Douane mit dem Lazarus-von-Schwendi-Denkmal (der kaiserliche Feldobrist soll im 16. Jahrhundert die Tokayerrebe von seinen Feldzügen in Ungern an den Oberrhein gebracht haben) und den schönen und krummen Hausfassaden. Aber das machte den besonderen Reiz aus. Auf dem Weg dahin durchschritten wir die Gerbergasse mit ihren schmucken Fachwerkbauten, die nur durch ihre Architektur an die im Mittelalter hier lebenden Gerber erinnerte, was jedoch früher die damit verbundene geruchliche Belästigung durch das Gerben der Felle auftrat, sollte man sich besser nicht vorstellen. Die Rue des Marchands, die Krämergasse gehört zu den stimmungsvollsten Straßenzügen in der Altstadt. Der Beginn schmückt ein alter Torbogen mit dem Doppeladler des Heiligen Römischen Reichs. Auch einige Häuser sollen noch genannt werden, die durch ihr Äußeres den früheren Besitzer symbolisieren, so das Hutmacherhaus nur spitzen Türmchen und einem wunderschönen Eckerker oder das Haus zum Kragen, von dessen Fassade ein aus Holz geschnitzter bärtiger Mann blickt.

Schräg gegenüber steht das historische Anwesen aus dem 15. Jh. in dem Martin Schongauer lebte. Der Sohn eines Zinngießers ließ sich ein prächtiges Haus im Renaissancestil errichten und die Fassade mit ca. 100 zum Teil skurrilen Köpfen bzw. Masken verzieren. Der für die damalige Zeit typische Volutengiebel wird von einer Küferstatue gekrönt, heute Sitz der Weinbörse. Dass die Aufzählung nicht vollständig ist, versteht sich von selbst. Natürlich sparten wir auch „Klein Venedig“, Petite Venise, nicht aus, spazierten ein Stück an dem Fluss Lauch entlang, auf der fast geräuschlos Besucherboote fahren.

Den Abschluss unseres Rundgangs durch Colmar bildete die Besichtigung des Musée d’Unterlinden mit dem Isenheimer Altar. Das Museum befindet sich in einem säkularisierten Dominikanerinnen-Kloster aus dem 13. Jh., zu dem ein aus Sandsteinbögen bestehender Kreuzgang gehört. Weltruhm erlangte die Ausstellungen vor allem durch die Altarbilder, die Matthias Grünewald für das nicht mehr existierende Antoniterkloster im heutigen Issenheim bei Guebwiller malte. Der Isenheimer Altar, aus riesigen wie Bibelseiten aufgeschlagenen Bildtafeln und doppelseitig bemalten, aufklappbaren Flügeln bestehend, besichtigten wir in der ehemaligen Klosterkapelle. Dort war auch der Passionsaltar des Maler und Kupferstechers Martin Schongauer zu bewundern. Noch viele Exponate wären es Wert gewesen, sie zu bestaunen, doch obwohl wir bis zur Schließung des Museums dort blieben, reichte die Zeit längst nicht aus. Mit etwas Wehmut blickten wir auf dem kurzen Fußmarsch zum Busparkplatz zurück, denn in keinem der zahlreichen Weinstuben konnten wir die trockenen Kehlen befeuchten.

Auf der Rückfahrt nach Andlau in unser Hotel war es im Bus ziemlich ruhig, es war wieder ein schöner aber auch anstrengender Tag.

6. Tag, Freitag, 28. August 2009

Wie es sich für eine Weinbruderschaft gehört, galt unser erster Besuch einem Weingut, der Domaine Klipfel in Barr. Im Stammsitz des 1816 gegründeten Betriebes wurden wir von einem Repräsentanten der Domaine begrüßt und zugleich in einen der beiden Kellergebäude geführt, der heute teilweise zu Repräsentationszwecken dient. 40 ha Weinberge sind in Besitz der Domaine, dabei 3 verschiedene Grand Cru-Lagen: Kirchberg, Wiebelsberg, Kastelberg. 60% der Weine werden in Restaurants vermarktet, 20% im Export und 20% ab Hof-Verkauf. 180.000 Flaschen stammen von eigenen Weinbergen, es werden jedoch auch Trauben zugekauft, sodass die Gesamtverkauf bei 1.800.000 Flaschen liegt. Die Grand Cru-Weine sind ausschließlich von eigenen Weinbergen, ebenso für die Linie Louis Klipfel. Im Gegensatz wird der Crémant ausschließlich mit Weinen befreundeter Winzer produziert.

Beeindruckend waren die alten geschnitzten Holzfässer, die zwischen 80 und 120 Jahre alt sind und noch immer ihren Dienst tun. Natürlich hat auch hier die Neuzeit Einzug gehalten und Edelstahltanks sind nicht mehr wegzudenken. Der Schatzkeller war reichlich gefüllt, Weine aus den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts waren besonders vertreten. Angeschlossen war ein Weinmuseum, das alle Gerätschaften und viele Dinge zur Schau stellte, die in irgendeiner Form etwas mit Wein zu tun hatten. Die Räumlichkeiten dienten früher als Presshaus. Das für eine private Sammlung ungewöhnlich gut mit unzähligen Exponaten ausgestattete Museum wurde von der Winzerfamilie vor rund 50 Jahren aufgebaut und wird weiter vervollständigt.

Die folgende Verkostung fand im Stammhaus statt:

1)       2006er Riesling Grand Cru Wiebelsbeg (Anmerkung: Die Lage hat eine Gesamtgröße von 22 ha), 12,5 Vol. -%Alc. Zartduftig mit Anklängen an Pfirsich und Apfel, am Gaumen sind mehr gelbe Früchte erkennbar, geschmeidiger Körper, im Abgang weißer Pfirsich, € 12,00

2)       2004er Riesling Grand Cru Kirchberg (Anmerkung: Die Lage hat einen Boden mit hohem Kalkanteil), 12,5 Vol. -%Alc. Und 5,6‰ Säure. Leicht brotige Nase mit         Frucht unterlegt, füllig, leicht mineralisch, gute Balance, Abgang, € 11,00

3)       2007er Klevener de Heiligenstein, Cépage Savagnin (Anmerkung: Der Lage Heiligenstein wird eine besonders gute Lagerfähigkeit attestiert) 13 Vol. -%Alc., 10 g RZ. Zartfruchtig, am Gaumen dichter Körper, gelbe Früchte insbesondere reife Mirabelle, Abgang, € 8,00

4)       2006er Pinot Gris Grand Cru Kirchberg. Zartduftig, eleganter Körper, gelbe Früchte, insbesondere Mango und Birne, etwas Nuss, im Abgang feine Süße, helle Pflaumen, 0.5 Lit. € 12,50

5)       1995er Gewürztraminer Grand Cru Kirchberg, Clos Zisser (3 ha, Alleinbesitz, Kalkboden), zarter Rosenduft mit etwas Reifearomen, eleganter Körper mit feiner Süße, würzig, etwas Honig, Quittengelee, im Abgang Anklang von Salz, € 15,50

6)       Crémant d’Alsace brut Methode franch traditionell, 12,5 Vol. -%Alc., deutlich brotige Nase, auch am Gaumen, frisch, feinperlig, Abgang, vom Charakter ein   Champagner, € 7,40

Während der Probe wurden noch einige interessante Details vermittelt, so beispielsweise, dass der Klevner auch als Savagnin Rose vermarktet wird. „Eine offene Wunde“ war offensichtlich die Tatsache, dass seit 1.4.2007 der Pinot Gris nicht mehr als Tokay Pinot Gris vermarktet werden darf. Hier spielt die Europäische Gesetztgebung mit hinein, die den Begriff „Tokay“ nur für Ungarische Weine gelten lässt. Der geschichtliche Hintergrund: Nachdem sie aus dem Burgund oder aus der Champagne nach Deutschland gebracht wurde, soll sie 1711 von einem Kaufmann aus Speyer namens Johann Seger Ruland einem aufgelassenen Weinberg gefunden worden sein. Nachdem er den Wert der Sorte erkannte, sorgte er für eine Verbreitung des Grauburgunders. Im Elsass wurde der Grauburgunder als Tokay bezeichnet, in Baden als Ruländer. Seit einer Klage der Winzer des ungarischen Weinbaugebiet Tokajer darf der Synonym-Name Tokay oder Tokay d’Alsace nach geltendem EU-Recht nicht mehr verwendet werden.

Das war ein guter Start in den Tag und das Städtchen Rosheim nicht weit. Rosheim gehört zu den ältesten Gründungen an der Weinstraße und bildete vermutlich schon lange eine Siedlung, bevor es gegen Ende des 8. Jh. erstmals in historischen Dokumenten erwähnt wurde. Der erste Eindruck von Rosheim war das „Untere Tor“ (Porte Basse) das mit einem wehrhaften Turm samt steilem Dach ausgestattet ist. Ein weiteres Tor, die „Porte de l’Ecole sahen wir bei unserem Spaziergang mit dem Ziel, die romanische „Eglise St.-Pierre-et-St-Paul“.

Der kreuzförmige Grundriss zeichnet sich durch eine außergewöhnlich harmonische Architektur aus. Lediglich der Vierungsturm stört mit seinen unangemessenen Proportionen den optischen Eindruck, er wurde nach einem Brand im Jahr 1385 im gotischen Baustil erneuert. Der plastische Schmuck der Kirche dokumentiert den hohen Stand der Bildhauerkunst zur Stauferzeit: Da fällt u.a. der Adler auf, der auf dem Giebel der Westfassade sitzt und seine Krallen in eine Kugel gräbt. An den Giebeltraufen hocken steinerne Löwen – Symbole der Stauferkaiser – die Menschengestalten in den Pranken halten. Im Gegensatz dazu ist das Innere der Kirche recht schlicht gehalten. Diese Kirche ist ein schönes und qualitätvolles Beispiel für den romanischen Kirchenbau aus Spät-Staufischer Zeit.

Eine kurze Wegstrecke weiter waren wir in Oberehnheim/Obernai, eine pittoreskes, mittelalterliches Städtchen mit einer teilweise heute noch wehrhaften Stadtmauer umgeben. Viele kleine Lokale waren der Beweis dafür, dass Obernai ein Touristenmagnet ist. Doch der schöne Marktplatz mit dem historischen Ambiente der umliegenden Häuser ließ dies rasch vergessen. Besonders hübsch anzusehen war das „Hôtel de Ville“ mit seinem reichen Blumenschmuck und einem von einer Maßwerkbrüstung eingefassten Balkon. Daneben befinden sich die Überreste der ehemaligen Kapellkirche mit dem 60 m hohen Kapellturm, das Wahrzeichen der Stadt. Auch der ehemalige Kornspeicher aus dem 16. Jh. mit einem Balkon und einem grazilen Glockentürmchen sei noch erwähnt. Seitlich des Markplatzes zog ein kunstvoller Renaissancebrunnen mit drei Wassereimern die Aufmerksamkeit auf sich. Drei ornamentierte korinthische Säulen tragen eine wuchtige Kuppel, die mit Masken, Bibelsprüchen und einem Posaune blasenden Engel verziert ist. Auf dessen Schild ist der Doppeladler des Reichs zu sehen.

Von Obernay aus machten wir von der „Route des Vins“ einen Abstecher in die Vogesenvorberge nach Ottrott. Die Gemeinde verdankt ihre über das Elsass hinaus reichende Reputation dem „Ottrotter Roten“ (Rouge d’Ottrott), einer bereits seit Langem angebauten dunklen Rotweinrarität in der weitgehend von Weißwein beherrschten Region. Hier besuchten wir das direkt am Marktplatz gelegene Weingut von Jean-Charles Vonville. Am mittelalterlich anmutenden und mit überreichem Blumenschmuck versehenen Gutsgebäude wurden wir von dem Junior-Winzer begrüßt, der uns umfassend über die Geschichte der Domaine und seine Weinphilosophie informierte. Die Domaine ist seit 1830 in der 6. Generation im Familienbesitz. Seit etwa 100 Jahren betreibt ein Familienzweig eine Konditorei. 12 ha Rebfläche hat man in Besitz, davon 8 ha in Ottrott, 4 ha in der Nachbargemeinde. In Ottrott wird ausschließlich Pinot Noir angebaut, in der Nachbargemeinde alle zugelassenen Rebsorten ausgenommen Pinot blanc. Der Grundsatz seines Vaters und von ihm ist, den Wein reifen zu lassen, so wurde erst vor wenigen Tagen der 2007er nach einer 20-monatigen Barrique-Reifung auf die Flaschen gefüllt. Der Verkauf des 2007er soll aber erst in etwa 12 Monaten erfolgen, das Flaschenlager benötigt der Wein. 70 Barriques werden eingesetzt, in denen jetzt der 2008er reift. Der Pinot Noir sei sensibel wie eine Diva und lohnt es mit einer langen Lagerfähigkeit. So habe er erst vor wenigen Tagen einen Pinot Noir von 1976 verkostet, der noch immer mit einer bemerkenswerten Frische ausgestattet war.

Warum gerade in Ottrott von ihm und seinen Winzerkollegen insbesondere Rotwein angebaut wird, begründete er mit dem Boden: Lehm-Standsteinboden seien für den Pinot Noir ideal. Im Elsass gibt es rund 60 verschiedene Bodenarten, die aber alle nicht mit dem lokalen Boden übereinstimmten. Lehm, roter, gelber und grauer Ton, dessen Farbe durch die unterschiedliche Oxidation durch Eisenoxid erfolgt, prägt den Wein. Diese Böden machen den Wein gehaltvoller und geben ihm eine besondere Würze und Ausdruckskraft. Besondere Probleme bereitete der 2008er. Im September hatte es nur geregnet und trotz der obligatorischen Handlese hatte der Pinot Noir weniger Extrakt und Farbe. Der Ertrag lag dementsprechend niedrig bei 35 hl/ha.

Winzer Vonville befasst sich auch mit Rebzüchtung, d.h. er kennzeichnet Rebstöcke, die jahrgangsunabhängig besondere Qualitäten hervorbringen und auch weniger anfällig für Pilzerkranken und tierische Schädlinge sind. Ein befreundeter Rebenveredler verfolgt seine Erfahrungen mit dem Ziel weiter, die Rebsorte zu optimieren. Auch hier handelt es sich um ein zertifiziertes Bio-Weingut.

Wir verkosteten:

1)       Crémant d’Alsace (Cuvée Pinot Noir und Chardonnay) mit 11,5 Vol. -%Alc. Im Duft verschlossen, am Gaumen schwarze Johannisbeere, Stachelbeere, frisch, feiner        fruchtbetonter Abgang, € 6,90

2)       2007er Riesling Cuvée Personnelle (Reben die bis zu 55 Jahre im Weinberg stehen) Schlanker Typ, im Duft deutliche Feuersteinnote, am Gaumen etwas Quitte, gute Balance, auch Feuerstein im Abgang, € 6,00

3)       2007er Rouge d’Ottrott mit 12,7 Vol. -%Alc., 12 Monate Holzfasslagerung Sortentypische Nase, am Gaumen Malolaktik, geschmeidig, Sauerkirsche, gutes Tannin, € 7,50

4)       2007er Rouge d’Ottrott, Cuvée Anny, 12,8 Vol. -%Alc. Dichte Nase (insbes. schwarze Kirsche), geschmeidiger Körper, elegantes Tannin, komplexer Abgang, € 8,50

5)       2006er Rouge d’Ottrott Cuvée Stéphane, 12,6 Vol. -%Alc., 40 hl/ha, 15 Monate Barriquelagerung, Silbermedaille in Paris. Zarte Barriquenase, sehr geschmeidig, gute Balance, würzig, gute Balance, Barrique bestens eingebunden, komplexer Abgang, € 11,00

6)       2007er Rouge d’Ottrott, 13,0 Vol. -%Alc., 20 Monate Barriquelagerung, Schönung mit Eiweiß und Kieselgur (kein Schichtenfilter).            Dunkles Rubin, deutliche Barriquenase, dichter Körper, gute Struktur, etwas Leder, komplexer Abgang (noch nicht im Verkauf!)

7)       2007er Gewürztraminer. Sortentypischer sehr zurückhaltender Rosenduft, am Gaumen deutlicher, gute Balance, guter Abgang, € 6,50

Während der Weinprobe lernten wir auch den Vater des Winzers kennen, der uns mit Stolz von „seiner“ Weinbruderschaft berichtete. Die Confrérie de la Corne hat eine lange Tradition, die auf das Jahr 1586 zurückgeht. Das Symbol der Weinbruderschaft ist ein Trinkhorn, „4 Pintes“ (mit einem Inhalt von 3,6 Liter). Die Umhänge einschließlich Kopfbedeckung werden nach alter Tradition und Muster von Hand genäht, was Kosten von 3,5 bis 4 Tsd. Euro erfordert. Eine sehr informative Weinprobe war das Credo von allen Weinfreunden und eine sehr sympathische Winzerfamilie.

Wieder im Bus vereint strebten wir einem neuen Ziel entgegen, das im eigentlichen Sinn mit Wein nichts zu tun hat, jedoch eine unverzeihliche „Sünde“ gewesen wäre, wenn wir es ausgelassen hätten – der Odilienberg. Die Klosteranlage auf dem Mont Ste-Odile ist nicht nur religiöses Zentrum von Rang und Namen, sondern auch der bekannteste Pilgerort im Elsass. Was dem 763 m hohen Berg die Aura des Geheimnisvollen verleiht, ist die uralte „Heidenmauer“, über deren Bedeutung man bis heute rätselt.

Doch zuerst strebten wir vom Busparkplatz der Aussichtsterrasse zu, denn der Odilienberg ist nicht nur ein Pilgerziel, sondern bietet auf der Klosteranlage einen wunderschönen Panoramablick weit in das Elsass hinein bis zum Schwarzwald. Auf einem schroffen Sandsteinfelsen gelegen, soll das Kloster der Legende zufolge von Odilia, der Tochter von Herzog Eticho, im 7. Jh. gegründet worden sein. Nach ihrem Tod wurde sie in einem Steinsarkophag beigesetzt, den wir bei unserem Rundgang durch die Anlage in der „Chapelle Ste-Odile“ würdigten. Wir hatten das Glück, dass wir am späten Nachmittag diesen sakralen Ort besuchten, nur noch wenige Touristen waren zu sehen, sodass wir die besondere Ausstrahlung, die von diesem Ort ausging, auch wahrnehmen konnten. Auf der Rückfahrt fuhren wir an der zuvor beschriebenen „Heidenmauer“ vorbei. Sie ist das große, ungelöste Rätsel des Odilienberges. Auf einer Länge von ca. 10 km umgibt die Mauer den Bergrücken. Die Steinblöcke dieser ursprünglich bis zu 5 m hohen und zwischen 1,70 und 1,80 tiefen Mauer sind so sauber zusammengesetzt, dass sie auch ohne Mörtel halten. Wer waren die Erbauer der geheimnisvollen Mauer? Welchem Zweck diente sie? Vermutlich waren es die Kelten und diente religiösen oder kultischen Zwecken.

Zurück ging es nach Andlau, doch noch war kein Feierabend angesagt. Bei dem Weingut Jean et Fils Wach in Andlau waren wir angemeldet. Das Weingut liegt im Zentrum von Andlau, in unmittelbarer Nähe zur Abteikirche Ste-Richarde. Durch einen schönen Sandstein-Rundbogen betritt man das Weingut der Familie Wach, Winzer Wach begrüßte uns, etwas später kam auch seine Frau hinzu, die den Winzernachwuchs gleich vorstellte. Mit 9 ha Weinbergen und je nach Jahr 40 bis 50.000 Flaschen gehört er nicht zu den Großen der Branche. Der Urgroßvater war noch Metzger und nahm erst 1937 den Weinbau mit hinzu. Heute lebt man ausschließlich vom Weinbau. Auch Herr Wach vermittelte uns seine Einschätzung über die Böden. Seine Grand Cru Lage schließt direkt an die Lage Kastelberg, der durch den blauen und harten Schiefer geprägt ist an. Der Boden der Grand Cru Lage Wiebelsberg besteht aus rotem Sandstein, stark verwittert, die ideale Grundlage für feine, frische Rieslinge.

Dagegen besteht der Boden der Grand Cru Lage Mœnchberg, die sich am Ortsausgang von Andlau Richtung Eichhoffen liegt, zu großen Anteilen aus solifluierte Gesteinsablagerungen (Frostschutt) des Quartärs, die kalkhaltigen Randkonglomerate des Tertiärs, Mergel mit starken Kalkschichten im Untergrund. Hier wächst sein Riesling, Pinot Gris und Gewürztraminer. Der Mœnchberg liefert kräftige Weine mit einer Muskatnote und deutlichen Fruchtnoten. Herr Wach  brachte den Vergleich: Wiebelsberg = feine Dame, Mœnchberg = kräftiger, korpulenter Mönch und hatte mit dieser Lagenbeschreibung die „Lacher“ auf seiner Seite. Zuerst werden die Trauben für den Cremant gelesen, gefolgt von dem Mœnchberg und zum Abschluss der Lese wird der Wiebelsberg geerntet.

Während seiner Ausführungen hatten wir einen

1)       Crémant d’Alsace Rosé im Glas, gekeltert von der Pinot Noir-Rebe. Im Unterschied zum Champagner ist beim Crémant der Ausbau nach einem Jahr abgeschlossen (Champagner 2 und mehr Jahre) 12,8 Vol. -%Alc., 4,7 g RZ, 6,4‰ Säure. Fruchtige Nase, vermittelt am Gaumen gute Fruchtnoten, frisch, mittlerer Körper, fruchtbetonter Abgang (Erdbeere, Rote Johannisbeere) € 7,00

2)       2007er Wiebelsberg Grand Cru Riesling. Sehr zurückhaltende Nase, feine Frucht am Gaumen, rezent € 7,00

3) 2007er Mœnchberg Grand Cru Riesling, 12,5 Vol. -%Alc., 4,7 g RZ. Mineralische Nase, fruchtiger Körper auch Mineralik am Gaumen, eleganter Abgang, € 7,00

4)       2007er Pinot Gris Vieilles Vignes, 13 Vol. -%Alc., 8,2 g RZ, 5,3‰ Säure. Zartfruchtig, am Gaumen gelbe Früchte, etwas Zitrus, gute Balance, Schmelz auch im Abgang, € 6,50

5)       2007er Gewürztraminer Méd.Ag Colmar, 13 Vol. -%Alc., 5 g RZ, 3,9‰ Säure. Rosen- und in der Folge auch Veilchenduft, am Gaumen verstärken sich die Rosenaromen, leichte Bitternote, gute Säure, Abgang, € 5,50

6)       2007er Mœnchberg Grand Cru Pinot Gris, 13 Vol. -%Alc., 30 g RZ, 115° Oe. In der Nase ein Strauß von Früchten, am Gaumen intensive gelbe Früchte, insbesondere getrocknete Aprikosen, etwas Litschi, gute Balance, Struktur, gut strukturierter Abgang, € 13,00

Der Fußweg vom Weingut zum Hotel tat uns allen gut, um wieder zu neuen Genüssen aufnahmebereit zu sein, denn wie angekündigt, wollte uns das Hotel ein besonderes Menü zum Abschied servieren.

7. Tag, Samstag, 29. August 2009

Der Aufbruch am letzten Tag einer Reise ist immer turbulent. Koffer packen, nichts vergessen, Koffer bereitstellen, aber unser routinierter Fahrer Herr Behrends löste auch diese Aufgabe in seiner stets freundlichen Art rasch und unkompliziert. Bis zum Schluss haben wir uns den Besuch von Strasbourg aufgehoben, der größten Stadt des Elsass. Die Mehrzahl der Weinfreunde kannte bereits Strasbourg von früheren Reisen, aber Herr Kalchthaler verstand es, uns teilweise neue in jedem Fall aber interessante Details dieser Stadt zu zeigen, natürlich die schönen Seiten dieser im Kern liebenswerten Metropole.

Noch heute sind die historischen Spuren der ehemaligen Keltensiedlung zu finden, die bereits in der Bronzezeit auf einer Lössbank im Flüsschen Ill entstand und kurz nach der Zeitenwende von den Römern in ein Kastell verwandelt wurde. Die „goldene Ära“ für Strasbourg war das Mittelalter, als die Stadt unter den Metropolen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation auf geistigem und kulturellem Gebiet eine führende Rolle spielte. Das spiegelt sich in dem Münster, in alterskrummen Stadtteilen und in den Fachwerkvierteln wider. Schon früh war Strasbourg Bischofssitz, der Bischof war im 14. Jh. gleichzeitig Stadtherr. In den überall aufflammenden Konflikten, beispielsweise Köln und anderen Städten, strebten vor allem die in Zünften organisierten Handwerker die Macht der Bürger an und so wurde die Herrschaft des Bischofs als Stadtherr zurückgedrängt.

Heute ist Strasbourg eine moderne und weltoffene Stadt, wobei der historische Kern 1988 zum Weltkulturerbe von der Unesco erklärt wurde. Um den immensen Verkehr zu bewältigen, wurde ein Teil des öffentlichen Nahverkehrs unter die Straßen gelegt, beispielsweise fahren die Straßenbahnlinien den Hauptbahnhof unterirdisch an. Reizvoll ist auch hier besonders die Altstadt, beispielsweise das Gerberviertel mit dem beeindruckenden Zunfthaus, die Rue de l’Arl, die Knoblauchstraße u.v.m. Unser Spaziergang führte uns zu den bedeutenden Sehenswürdigkeiten der Altstadt, die sich auf einer von zwei Ill-Armen umgebenden Insel ausbreitet. Wir hatten das Glück, dass am frühen Vormittag das Treiben noch recht gemächlich war. Erwähnenswert ist noch der Blumenschmuck, an jeder der zahllosen Brücken, entlang der Ill, einfach bezaubernd.

Nicht das weltberühmte Münster war unser erstes Ziel, sondern die Eglise Saint-Thomas. Das heutige im 13. Jh. errichtete Gotteshaus präsentiert sich als vierschiffige gotische Pfeilerbasilika. Herr Kalchthaler machte uns vor Betreten der Kirche auf ein Seitenportal mit einer Szene, aus der Legende vom Heiligen Blasius aufmerksam. Im Innern der Kirche wurden wir Zeuge einer Besonderheit: 4 Glocken waren aufgestellt, die erst eine Woche später geweiht werden sollten. Gegossen wurden sie am 29. Mai 2009 in der Glockengießerei Bochert in Karlsruhe und abgestimmt auf das Glockengeläut der vorhandenen Glocken. Der ehemalige Pfarrer schlug für uns jede Glocke an, die unsere christlichen Werte Glaube, Hoffnung, Liebe symbolisieren. Auffallend waren auch überlebensgroße Menschen aus Marmor.

Im Jahr 1780 entstand die (1948 und 1966 restaurierte) Orgel von Johann Andreas Silbermann und auf der Mozart aber auch Albert Schweizer gespielt haben. Ein Höhepunkt der Thomaskirche ist das im Chor aufgestellte Grabmonument von Moritz von Sachsen. Der Bastard Augusts des Starken und der Gräfin Aurora von Königsmarck war einer der bedeutendsten Feldherren Frankreichs zur Zeit Ludwigs XV. Da er als Protestant nicht in Paris beigesetzt werden konnte, schuf der berühmte Bildhauer Jean-Baptiste Pigalle sein Grabmal für Straßburg, wo die Protestanten Glaubensfreiheit genossen.

Vom Place Gutenberg, zu Ehren des Pioniers der Buchdruckerkunst mit einer Bronzestatue gewürdigt, da er in Strasbourg von 1436 bis 1444 lebte, gingen wir nur zu dem nur wenige Meter entfernten Münsterplatz. Herrlicher Sonnenschein gab dem Platz eine besondere Atmosphäre. Die umgebenden Häuser mit steilen Dächern und bis zur vier Dachgeschossen sowie zahlreiche Straßenlokale an denen fröhliche Menschen ihren morgendlichen Espresso oder Eis genossen, luden zum Verweilen ein. Ein Publikumsmagnet und ein millionenfach fotografiertes Objekt ist aber das Maison Kammerzell. Der Fachwerkbau aus dem Jahr 1589 ist reich mit Holzschnitzereien von biblischen Gestalten und Helden der Antike geschmückt. Längst ist die Fassade des historischen Kaufmannshauses zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden. Das Restaurant im Innern verdankt seine Atmosphäre nicht nur bleiverglasten Fenstern, sondern auch kunstvollen Wandmalereien.

Doch nun richtete sich unser Blick endgültig auf das Münster, die Cathédrale Notre-Dame. Dass dies ein „Leckerbissen“ für einen Kunsthistoriker war, konnte man den begeisternden Worten von Herrn Kalchthaler unschwer entnehmen. Auffallend ist die Doppelturmfassade mit der großen Rose und den beiden Turmstümpfen bis zur Hälfte der Galerie. Obwohl nur ein Turm fertiggestellt wurde, ist der dadurch entstehende asymmetrische Eindruck nicht störend, im Gegenteil, der fehlende Südturm dient als Wegweiser ins Zentrum. Mit seinem 142 m hohen Turm, war das Münster bis ins 19. Jh. der höchste Bau der Christenheit. Besonders eindrucksvoll ist jedoch die 16-blättrige Fensterrose mit einem Durchmesser von 15 m. Die gotische Ziselierarbeit lässt fast vergessen, dass es sich hier um bearbeitenden Sandstein handelt. Die Vorstellung fällt schwer, wie der atemberaubende Skulpturenschmuck mit Prophetenstatuen, dem Jüngsten Gericht, Madonna mit Kind, Fabelwesen, Höllenhund und Teufelsfratzen auf Kirchgänger des Mittelalters gewirkt haben muss, die ja über keine anderen Bilderwelten verfügten. Die Bauzeit der dreischiffigen Basilika begann 1176 und zog sich 250 Jahre bis zur ihrer Fertigstellung hin. Dadurch sind auch romanisch-gotische Baustilelemente auszumachen.

Allein die Beschreibung des Inneren des Münsters könnte viele Blätter füllen. Deshalb seien hier nur einige wesentliche Punkte des grandiosen Prachtbaus aufgezählt: Natürlich fällt zuerst das 32 m hohe, in drei Schiffe aufgeteilte Langhaus ins Blickfeld. Dann beeindruckt die aus weißem Sandstein bestehende Kanzel im spätgotischen Stil. Feinste Details wurden aus dem Stein herausgearbeitet. Eine Besonderheit, an der die meisten Besucher achtlos vorbeigehen ist, dass im Frühling und Herbst, wenn Tage und Nächte gleich lang sind, eine Woche lang ein ungewöhnliches Schauspiel zu beobachten ist. Wenn zur jeweiligen Zeit die Sonne scheint, fällt durch ein Fenster des südlichen Seitenschiffs ein farbiger Lichtstrahl einige Minuten lang fast wie ein Laserstrahl auf den steinernen Baldachin über der Kanzel. Eine weitere Besonderheit ist der so genannte Engelspfeiler, eine zentrale Gewölbestütze des südlichen Querschiffs. Er ist 18 m hoch und gehört zu den herausragenden Werken des Münsters. Auf drei Ebenen sind die vier Evangelisten, darüber vier Posaune blasende Engel und ganz oben Christus als Weltenrichter zu sehen, der auf seine Wundmale zeigt.

Ein technisches Wunderwerk ist die astronomische Uhr, untergebracht in einem 18 m hohen Gehäuse, das in der zweiten Hälfte des 16. Jh. gebaut wurde. Jeden Tag Punkt 12.30 Uhr beginnt eine außergewöhnliche Demonstration, wenn die immer noch präzise arbeitende Automatenmechanik Zahnräder, Zeiger, Sonne, Mond, Sterne bewegt und die vier Lebensalter in Gestalt eines Kindes, eines Jugendlichen, eines Erwachsenen sowie schließlich eines Greises am Tod vorbeiziehen, lässt.  Die Apostel defilieren an Jesus vorüber, und beim 4., 8. und 12. Apostel kräht ein Hahn.

Kunst macht hungrig, und so genoss jeder die Mittagszeit auf seine individuelle Art und Weise. Restaurants, Straßencafés und danach bummeln durch die zahllosen engen Gässchen mit kleinen Geschäften. So lässt sich das Leben genießen! Am Place Gutenberg trafen wir uns wieder und kurz danach hieß es Abschied nehmen, Abschied von unserem Reisebegleiter Peter Kalchthaler, der mit vielen Dankesworten bedacht per Zug seinen Heimweg antrat. Wir begaben uns in die Obhut unseres Fahrers Herrn Behrends, der uns wohlbehalten am späten Nachmittag nach Trier brachte. Koffer und Handgepäck wurden ausgeladen und mancher Weinfreund staunte, was sich in so kurzer Zeit an Weinkartons angesammelt hatte. Das sind die Erinnerungen, die auch nach Wochen und Monaten noch nachwirken können und vielleicht schon etwas Vorfreude vermitteln auf die nächste Reise im kommenden Jahr.

Ein besonderen Dank möchte der Chronist im Namen aller Mitreisenden dem Kunsthistoriker Peter Kalchthaler aussprechen, der nicht nur in seinem Fachgebiet, sondern was Land und Leute angeht, nicht zu vergessen den Wein, uns alle begeisterte. Dabei soll nicht unser Fahrer Herr Wolfgang Behrends vergessen werden, der uns souverän, stets freundlich und aufmerksam durch unser Nachbarland fuhr. Gedankt sei auch dem Reisebüro Hirsch-Reisen in Karlsruhe, Herrn Stefan Simonis, der mit den Planungen den Grundstein für diese schöne Reise legte.