Gartenreise nach Sachsen

Für Weinkenner ein Begriff: Schloss Wackerbarth

Dresdens Glanz ist legendär. Diesmal aber geht es hinaus ins Grüne! Im Dresdner Umland liegen zauberhafte Schlösser und Gärten. Sie erzählen von barocker Lebensfreude und tragischer Liebe. Viele verdanken wir Kurfürst August dem Starken, der vier Jahrzehnte über Sachsen herrschte, Kunst und Wissenschaft großzügig förderte. Auch die sächsische Weinstraße entlang der Elbe, Europas nördlichstes Weinbaugebiet, hält so manche Überraschung bereit.

„Ich durfte die Schönheit einatmen wie Försterkinder die Waldluft“, schrieb Erich Kästner über seine Kindheit in Dresden. Beides, Schönheit und frische Luft, verbindet die neue Hirsch Themenreise zu Dresdens „grüner Seite“. Und die findet man gleich mitten in der Stadt: die Elbauen und die Gärten des Neustädter Königsufers zum Beispiel, von denen aus man den berühmten „Canalettoblick“ auf die Barockstadt genießt. Im riesigen Großen Garten mit seinen schnurgeraden Alleen, der im 17. Jh. nach französischem Vorbild entstand, vergnügen sich noch heute Groß und Klein: Das Palais lädt zu Festlichkeiten, die Freilichtbühne zu Konzerten ein, Kinder zieht es zur Parkeisenbahn oder in den Zoo, und auch die Fußballer von Dynamo Dresden trainieren hier.

Wo die Zitronen blühen

Der berühmte Zwinger mit seinen Skulpturen und Wasserspielen diente ursprünglich dazu, die Orangen- und Zitronenbäumchen August des Starken zu präsentieren. Zitrusbäume waren ja ein beliebtes Sammelobjekt der Mächtigen, teure Statussymbole mit Bezug zur griechischen Mythologie: Die Früchte, die als die goldenen Äpfel der Hesperiden galten, setzten ihren Besitzer mit dem tugendhaften Helden Herkules gleich. Ein einziges Bäumchen des starken August soll bis heute im Pillnitzer Park überlebt haben.
dresdner zwinger

Lustschloss und Liebesbeweis: Pillnitz

Durch vornehme Villengebiete, mit Blick auf Elbschlösser und Weinterrassen, die kurz hinter der umstrittenen Waldschlösschenbrücke beginnen, erreicht man Pillnitz. Die Sommerresidenz der Wettiner, gebaut vom Zwinger-Architekten Pöppelmann, spiegelt die damalige Ostasien-Mode wider. Der weitläufige Park zeigt die unterschiedlichsten Formen der Gartenkunst vom englischen bis zum chinesischen Garten. Der Star ist eine 250 Jahre alte Kamelie, die im Winter von einem eigens konstruierten Pavillon geschützt wird. Mit etwas Phantasie kann man sich beim Spaziergang die höfischen Feste vorstellen, die hier zu jedem erdenklichen Anlass stattfanden. „Mottoparties“ mit Verkleidung wie Bauernhochzeit oder Winzerfest waren besonders beliebt, ebenso aufwändige Spielanlagen, Schaukeln, Karussells oder Rutschbahnen – ein barockes „Disneyland“!

August der Starke hatte das Anwesen 1706 der Gräfin Cosel geschenkt, seiner offiziellen Mätresse. Neun Jahre waren die beiden zusammen, hatten drei gemeinsame Kinder. Bei Hof machte sich die Cosel durch ihre Klugheit und ihren Hochmut Feinde und überschätzte schließlich ihre Macht. Als August das Verhältnis 1715 lösen wollte, drohte sie, ein früheres Eheversprechen des Kurfürsten öffentlich zu machen. August ließ sie kurzerhand verhaften und für den Rest ihres Lebens (49 Jahre!) auf der Burg Stolpen einsperren.

Der schöne Garten des Ministers: Großsedlitz

Ein Fest für die Sinne ist der französisch inspirierte Barockgarten Großsedlitz. August der Starke plante hier eigenhändig sein sächsisches Versailles. Doch eigentlicher Bauherr war ein anderer: Christoph August Graf von Wackerbarth. Als Gouverneur und „Bauminister“ war dieser eine der einflussreichsten Persönlichkeiten am Hofe und enger Vertrauter des Herrschers. Er hatte den Hofarchitekten Knöffel mit dem Bau seines Alterssitzes beauftragt, 1000 Soldaten waren dafür im Einsatz. Kaum waren Schloss und Orangerie fertig, zwang ihn August 1723 zum Verkauf und ließ den Besitz nach seinen Wünschen umgestalten: Dreimal so groß sollte die Anlage werden, geeignet für rauschende Feste für den polnischen Adel. 400 Pferde sollten versorgt werden können. Gefeiert wurde dann tatsächlich – aber nur im Garten. Das Schloss blieb unvollendet. Trotzdem ist die Anlage unglaublich prachtvoll mit ihren Terrassen und Orangerien, Freitreppen und Wasserspielen. Über 1200 Orangenbäume brachte man zu Augusts Zeiten nach Großsedlitz, heute stehen 400 Kübelpflanzen ordentlich in Reih und Glied, nebst Schmuckvasen und Sandsteinskulpturen. Und die von musizierenden Putten flankierte Freitreppe eröffnet einen herrlichen Ausblick in die Hügellandschaft.

Sächsischer Wein: eine Schwäche des starken August

Der tüchtige Graf von Wackerbarth musste sich also einen anderen Alterssitz schaffen. Das tat er bei Radebeul. Am Fuß der Weinberge liegt Schloss Wackerbarth mit seinen Lustgärten und dem romantischen Belvedere von Pöppelmann. Übrigens: Auch die weltberühmte Frauenkirche und der Riesenstollen des Striezelmarktes waren Projekte des Grafen, der ebenfalls den Weinanbau förderte. Sein Schloss ist heute als Staatsweingut die bekannteste Weinadresse in Sachsen. Im Schlosskeller soll August der Starke einst die „Gesellschaft zur Bekämpfung der Nüchternheit“ gegründet haben. Was dazu nötig war, kann man im Neuen Grünen Gewölbe in Dresden bewundern: Neben allen erdenklichen Kostbarkeiten werden zahlreiche Prunkgefäße für die beliebten Trinkspiele gezeigt, manche konnten dank eines Mechanismus sogar über den Tisch wandern.

Verkehrt herum: Schloss Weesenstein

Hier steht die Architektur Kopf: Auf einem schroffen Felsen über dem Müglitztal vereint Schloss Weesenstein 800 Jahre Baukunst. Dabei wuchs es von oben nach unten. Der älteste Teil, der Turm, liegt zuoberst, die Pferdeställe in der 5. Etage, darunter die Kellergewölbe, darunter der herrschaftliche Wohnbereich. Dem Schloss zu Füßen: der verwunschene Barockgarten, der vom geschickt umgeleiteten Fluss Müglitz durchquert wird. Auch einen künstlichen Wasserfall gibt es.

Von August zu Aschenbrödel: Schloss Moritzburg

Inmitten von Teichen und Wäldern auf einer künstlichen Insel liegt Schloss Moritzburg. Dem ein oder anderen sind die vier markanten Rundtürmen aus dem Kultfilm „Drei Haselnüsse für  Aschenbrödel“ bekannt. Hier frönte August der Starke der Jagdlust. Bis heute ist die Trophäensammlung die größte Europas. Ein wahres Wunder – und eine Herausforderung für die Restauratoren – ist das sagenhafte „Federzimmer“ mit Wandschmuck aus einheimischen Vogelfedern. Beim Gartenspaziergang gelangt man zum zierlichen Fasanenschlösschen mit seinen Chinoiserien und zum künstlichen Hafen, wo die Festgesellschaft einst zu romantischen Gondelfahrten oder nachgestellten Seeschlachten in See stach.