Ein neuer Stern auf der norwegischen Postschiffroute
Jeder kennt die Hurtigrute, jene Express-Küstenverbindung durch die einzigartige und wahrlich spektakuläre Küsten- und Fjordlandschaft Norwegens. Viele verbinden diese Strecke mit den gleichnamigen Schiffen von Hurtigruten. Wenigen ist bekannt, dass seit einigen Jahren neue, hochmoderne Schiffe von Havila Voyages auf dieser „Kystruten“ unterwegs sind und dem bisherigen Platzhirsch Hurtigruten gehörig Konkurrenz machen.
Auch viele Reisebüros und Reiseveranstalter sind bisher noch sehr auf die Hurtigruten-Schiffe fixiert. Bei Havila will man das ändern und zeigt daher immer wieder Mitarbeitenden von Veranstaltern und Reisebüros, was man kann. Und so hatte ich im November 2024 die Möglichkeit, auf einem Teilstück der 12-tägigen Reise mitzufahren. Meine Strecke führte von Tromsø aus nach Süden in Richtung Bergen. Insgesamt verbrachte ich vier Nächte an Bord. Genug Zeit, um einen umfassenden Eindruck zu gewinnen. Hier einige Impressionen dieser Reise!
Und plötzlich fand ich mich in der Arktis wieder… Am späten Nachmittag landete ich im arktischen “Winter-Wonderland” im hohen norwegischen Norden. Ein ordentlicher Kontrast zum verregneten Frankfurt. Es war schon dunkle Nacht, und nach dem kurzen Transfer in die Stadt stand gleich ein erster Ausflug auf dem Programm. Mit dem Bus fuhren wir durch traumhafte Winterlandschaft zu einem Sami-Rentiercamp in den Bergen. Die Häuser waren alle schon weihnachtlich dekoriert – muss wahrscheinlich so sein, denn schließlich wohnt der Weihnachtsmann nicht so weit entfernt. Im Camp angekommen, durften wir die Rentiere füttern. Und dann geschah das, worauf alle warten, die im Winter hier herkommen: Das Nordlicht bahnte sich seinen Wege über die Berge direkt vor unsere Kameras. Ein wahnsinnig eindrucksvoller Moment. Mehr Glück kann man wohl kaum haben.
Im Camp bekamen wir neben einem Imbiss einen Einblick in die Welt der Sami, die immer noch in der Arktis als Nomaden leben und ihre Rentierherden hüten. Ein hartes und sehr naturverbundenes Leben.
Zurück in Tromsø mussten wir auf unser Schiff, die Havila Castor, warten, die mit etwas Verspätung einlief. Durch das arktische Schneetreiben musste die Geschwindigkeit gedrosselt werden. Die Havila Schiffe sind etwa 2-3 Jahre alt und mit modernster Technik ausgestattet. Alle fahren ausschließlich mit LNG und können bis zu 4 Stunden rein batteriebetrieben und lautlos durch die Fjorde gleiten. Nachhaltigkeit wird auch bei den Mahlzeiten groß geschrieben. Es wird weitestgehend auf große Buffets verzichtet. Mittag- und Abendessen werden à la carte serviert. Nachbestellungen sind jederzeit möglich. Auch beim Frühstück werden die warmen Gerichte auf Bestellung an den Tisch gebracht. Die kalten Speisen gibt es hier in Buffetform. Durch dieses Konzept müssen weit weniger Lebensmittel weggeworfen werden als im regulären Buffetbetrieb. Pro Schiff macht das wohl 60 Tonnen weniger Essensabfall pro Jahr aus. Ein schlagendes Argument und eine gute Sache, wie ich finde. Auch der Qualität der Speisen ist dieses Konzept zuträglich. Was will man mehr!
Die Kabinen sind äußerst komfortabel und ziemlich geräumig. Alle haben eigene Bäder und super bequeme Betten. Von der Innenkabine über die klassischen Außenkabinen bis zur Suite gibt es alles, was das Herz begehrt. An Deck befinden sich zwei Jacuzzis, die das ganze Jahr geöffnet sind. Außerdem gibt es auf mehreren Decks ausreichend bequeme Sessel vor bodentiefen Panoramafenstern, auf denen man die vorbeiziehende Landschaft beobachten kann. Mehr Entspannung und Entschleunigung geht nicht. Kaffee, Tee und Wasser sind an Bord während der gesamten Reise gratis erhältlich. Für alles andere kann man entweder Getränkepakete kaufen, oder die Getränke direkt bezahlen. Softdrinks sind dabei mit deutschen Preisen vergleichbar, für alkoholische Getränke muss man tiefer in die Tasche greifen – Norwegen halt.
Ein weiteres Highlight der Reise wartete am nächsten Tag auf uns – die Einfahrt in den Trollfjord. Das ist zu dieser Jahreszeit eher ungewöhnlich. Normalerweise wird dieser kleine, aber spektakuläre Fjord im Winter nicht befahren. Die Wetter- und Schneeverhältnisse ließen es zu, und so glitten wir lautlos in den Fjord hinein. Die Strahler des Schiffes erleuchteten die hohen Felswände. Man hatte das Gefühl, sie mit ausgestreckten Armen von Bord aus direkt erreichen zu können, so eng ist dieser Fjord.
Nachdem wir den Fjord wieder verlassen hatten, nahmen wir Kurs auf die Lofoten. Die See wurde rauer, und trotzdem hielt es die wenigsten in den Innenräumen. Denn schon wieder tauchen hinter den Wolken Nordlichter auf. Zwar weniger klar als am Tag zuvor, trotzdem ein bewegender Moment.
Auf den Lofoten gingen wir von Bord und schlossen uns einem Winterspaziergang an. Weil sich Schnee und Regen in den letzten Tagen abwechselten, war es spiegelglatt. Bei uns zuhause wäre wohl niemand vor die Tür gegangen. So etwas kennen die Norweger aber nicht. Mit ordentlicher Ausrüstung ist alles möglich. Also bekamen wir Spikes an die Schuhe und konnten uns so sicher auf dem Eis bewegen. Die Lofoten sind bis heute vom Fischfang geprägt. Wir erfuhren viel über die Wikinger, die dort vor vielen Jahrhunderten lebten und das harte, sehr einfache Fischerleben in früheren Zeiten.
Im Winter ist es im Norden sehr lange dunkel. Die kurzen Phasen mit Tageslicht verbrachten die meisten von uns auf dem Panoramadeck, um die vorbeiziehende Winterlandschaft zu genießen. Das gelang nicht immer gleich gut, denn Nebel, Wind, Schnee und Regen mischten sich immer wieder unter die Phasen mit klarer Sicht. Auch das ist der Winter in Norwegen – unberechenbar.
Je weiter wir nach Süden kamen, desto länger wurden die Tageslichtphasen und desto weniger Schnee lag entlang der Küste. Der Golfstrom bringt viel Wärme mit sich. Dadurch kommt der Niederschlag direkt an der Küste oft als Regen und seltener als Schnee herunter.
Der nächste Ausflug führte uns auf eine Lachsfarm. Eine wichtige, wenn auch nicht unumstrittene Einnahmequelle Norwegens und ein erheblicher Wirtschaftsfaktor. Etwa 60% des weltweit verzehrten Lachs kommen aus den Aquakulturen entlang der Norwegischen Küste. Man sieht sie überall. Es handelt sich um High-Tech Produktionsstätten. Der Einblick war äußerst informativ – am besten macht sich jeder selbst ein Bild davon und zieht seine eigenen Schlüsse.
Nach einigen sehr entspannten Stunden an Bord mit gutem Essen und vielen Gesprächen besuchten wir eine stillgelegte Marmormine. Der Stollen ist zwischenzeitlich mit Regenwasser vollgelaufen. Auf dem künstlich entstandenen See werden heute Floßfahrten angeboten. Sagen wir mal – ganz nett. Eine der schönsten Küstenstraßen der Welt, die „Atlantic Road“, befuhren wir ebenfalls auf diesem Ausflug. Leider sahen wir auf Grund der Dunkelheit nichts.
Zielhafen meiner Reise war Bergen. Das Schiff hält mitten in der Innenstadt. Von dort kommt man direkt in alle Richtungen mit dem Bus, Taxi, dem Zug oder auch zu Fuß. Wir hatten hier noch eine Zwischenübernachtung, was ich auch unbedingt empfehlen würde. Die Stadt ist total niedlich und nicht umsonst die meist besuchte Stadt in Norwegen. Ich werde sicher nochmal wieder kommen. Aber dann im Sommer.
Mein Fazit:
Der arktische Winter ist spektakulär. Hierfür allein lohnt sich die Reise im Winter. Man kann die Strecke in 12 Tagen bereisen oder auch nur die halbe Strecke fahren. In diesem Fall steigt man in Kirkenes aus und fliegt von dort zurück. Beides hat vor und Nachteile.
Havila hat mich überzeugt. Die Schiffe sind topmodern und sehr komfortabel. Das Essen ist sehr gut. Man muss sicher nicht jeden Ausflug mitmachen, zumal das immer auch eine Preisfrage ist. Es gibt einige, die sich lohnen, andere eher weniger. Manchmal reicht es auch einfach, durch die kleinen Hafenstädtchen zu spazieren und ins norwegische Leben einzutauchen.
Hier noch weitere Eindrücke von der Reise:
Ab sofort sind alle Havila Abfahrten im Hirsch-Reisebüro buchbar. Wir empfehlen eine Nacht vor- und nach der Seereise in Bergen zu verbringen. Das reduziert den Stresslevel ungemein und beugt eventuellen Verspätungen von Schiff oder Flugzeug vor. Die Transfers in Bergen sind kinderleicht. Die Stadt ist sehr überschaubar.
Wir beraten Sie gerne!
Oliver Possehl
arbeitet seit 2011 für Hirsch Reisen und verantwortet dort das Marketing. Der Vater von drei Kindern hat sein Hobby zum Beruf gemacht und sich auf dem zweiten Bildungsweg für die Tourismusbranche entschieden. In seiner Freizeit taucht er leidenschaftlich gerne und ist im Verein für die Jugendarbeit zuständig. Nicht nur unter Wasser taucht er gerne ein in unbekannte Welten, auch an Land unternimmt er am liebsten keine Reise ein zweites Mal. “Die Welt hat so viel Schönes zu bieten, das entdeckt werden will. Erst wenn ich alles durch habe, fange ich wieder von vorne an. Eine Ausnahme ist Paris, meine Frau liebt diese Stadt, deswegen sind wir dort jedes Jahr mindestens ein Mal.”