Die gute Seele von Eggenstein

Es ist ein warmer Sommerabend, als wir mit dem Hirsch-Bus in Eggenstein beim Betriebshof eintreffen. Die Sonne scheint, es ist warm, die letzten Gäste steigen aus. Michael Sieler kommt uns entgegengelaufen, er macht die Wagenpflege und vieles mehr bei Hirsch Reisen. Die Begrüßung zwischen Fahrern und Herrn Sieler ist herzlich.

hier: Reisebusfahrer Rocco Pflugbeil und Michael Sieler beim herzlichen Handschlag

Während der Bus getankt wird, wischt Herr Sieler den Bus von außen, damit später in der Waschstraße auch die groben Verschmutzungen weggewaschen werden. Alles geht schnell, die Handgriffe sind routiniert.

Michael Sieler: „Jeder Bus ist etwas anders. Hier [Bus 845] sind hinten Kanten, die schwierig zu reinigen sind.“

Anschließend geht es in die Waschstraße. Der Fahrer bringt den Bus in Position, Herr Sieler fährt im Bus hindurch.

Danach wird wieder parallel gearbeitet. Der Fahrer entleert die Bustoilette, Herr Sieler trocknet den Bus von außen.

Michael Sieler: „Andere haben ihr Fitnessstudio, ich mache das hier [lacht].“

Dann wird der Bus in die Halle gefahren. Nun beginnen die inneren Reinigungsarbeiten. Zuerst werden die Sitze wieder in Position gebracht, Rollos hochgeschoben und alle Bereiche nach verlorenen Gegenständen abgesucht. Dann werden die Fenster von innen geputzt, darauffolgend die Kopfstütze, Ablagen und Flächen.

Michael Sieler: „Die Busse sind wie meine Kinder, so behandle ich sie auch [schaut liebevoll aufs Amaturenbrett].“

Am Ende wird der Bus durchgesaugt.

Julia Rößler: Wie lange arbeitest du schon bei Hirsch?

Michael Sieler: Ich bin seit 1989 beim Unternehmen. Vorher bin ich LKW gefahren, aber es war immer mein Traum, Reisebusfahrer zu werden. Allerdings war es damals schwer, in diesem Bereich eine Beschäftigung zu finden. So habe ich die ersten Jahre als Wagenpfleger gearbeitet. 1991/1992 habe ich mir dann meinen Wunsch erfüllt und fahre seitdem auch unsere Gäste an einige der schönsten Orte Europas.

Julia Rößler: Du arbeitest aber nicht hauptberuflich bei Hirsch, oder?

Michael Sieler: Das stimmt. Ich habe immer auch einen anderen Beruf gehabt, aktuell mache ich Büroarbeit in einer Behörde.

Julia Rößler: Und das ist gut miteinander vereinbar?

Michael Sieler: Ja, das klappt sehr gut. Die Busse kommen abends, meist gegen 19 Uhr, hier an. Für die nächste Fahrt sind sie wieder sauber. Die Zeit kann ich mir frei einteilen.

Julia Rößler: Und du fährst ja auch den Bus?

Michael Sieler: Ja, ein paar Mal im Jahr fahre ich an die Adria oder nach Meran, das sind immer schöne Fahrten. Da sieht man immer was von der Landschaft. Ich fahre aber auch gerne nachts. Busfahren ist wie so eine kleine Sucht. Es ist auch besser als PKW, da lasse ich dann nämlich lieber meine Frau fahren [grinst].

Julia Rößler: Du schwärmst so vom Fahren – bist du denn früher mehr Bus gefahren?

Michael Sieler in seinem Element

Michael Sieler: Ja, früher gab es am Wochenende noch Transfers, z.B. nach Tirol.

Julia Rößler: Gibt es denn eine lustige Anekdote, die du mit uns teilen möchtest?

Michael Sieler: Ich bin vor langer Zeit, bevor es Smartphones gab, mit einem Kollegen zusammen die Strecke nach Ischia gefahren. Ich sollte in Florenz aussteigen. Man konnte damals zwar noch ganz normal durch die Stadt fahren, aber das wollte der Kollege nicht. Er ist um die Stadt herumgefahren und hat mich nachts irgendwo an einer Raststätte an der Autobahn rausgelassen.

Julia Rößler: Du bist gestrandet?

Michael Sieler: Ja, ich bin gestrandet. Der Tankwart hat mir dann ein Taxi gerufen. Am Bahnhof in Florenz habe ich dann natürlich auch nochmal ein paar Stunden auf den Zug gewartet. Das war schon so ein Erlebnis. Aber das waren auch andere Zeiten, andere Typen. Dieser Kollege hat seinen Gästen damals sogar noch Leberwurstbrote geschmiert!

Es gibt auch noch eine andere Geschichte. Da bin ich mit einem Kollegen nach Meran gefahren. Er hat sich schlafen gelegt und mir gesagt, dass ich bloß immer geradeausfahren muss. Ja, man kann wirklich immer geradeaus fahren, dann kommt man ins Ötztal. Mit dem PKW kommt man über das Ötztal auch nach Meran, nur mit dem Bus eben nicht. Als der Kollege aufgewacht ist, hat er geschrien, wir seien verkehrt. Wir sind dann umgekehrt und haben es sogar ohne Verspätung an unseren Zielort geschafft. Nur immer geradeaus – das war halt nicht ganz richtig [lacht].

Julia Rößler: Gibt es auch einen besonders stressigen Moment, an den du dich erinnerst?

Michael Sieler: Nein, eigentlich nicht. Es ist nur schwierig, wenn die Busse z.B. im Stau stehen und erst sehr spät kommen, es am nächsten Morgen wieder weitergeht. Und ich bin ja auch um halb acht wieder im Büro.

Julia Rößler: Oh, ok, das klingt wirklich stressig.

Michael Sieler: Ich habe aber auch einen großen Erholungsfaktor. Ich habe bei mir ein Schwimmbad und ich gehe nach dem Putzen dann noch baden.

Julia Rößler: Wer übernimmt denn deinen Job, wenn du mal im Urlaub bist?

Michael Sieler: Meistens übernimmt eines meiner erwachsenen Kinder die Wagenpflege, wenn ich mit meiner Frau in den Urlaub fahre. Falls das mal nicht klappt, machen das auch die Fahrer, wie z.B. Herr Soldo.

Julia Rößler: Bist du denn auch schon einmal mit Hirsch verreist?

Michael Sieler: Ja, ich war schon einmal in London dabei, das war wirklich eine sehr schöne Reise. Letztes Jahr habe ich bei deiner Kollegin aber auch mal eine Schiffsreise mit nicko cruises gebucht, das war mal etwas anderes und eine tolle Erfahrung.

Julia Rößler: Bleibt dir denn noch Zeit für Hobbys?

Michael Sieler: Ja, ich arbeite gerne mit Holz. Ich habe eine kleine Werkstatt, das ist mein Ausgleich.

Julia Rößler: Danke Michael, für diese spannenden Einblicke!

Rocco Pflugbeil (Reisebusfahrer): Der Michael ist wirklich die gute Seele von Eggenstein. Er macht ja nicht bloß die Busse sauber, er pflanzt Bäume, er mäht den Rasen, er erneuert die Beleuchtung.

Julia Rößler: Ja, und bei uns im Büro putzt er auch die Fenster und kümmert sich um handwerkliche Belange.

Rocco Pflugbeil: Michael, wir sind froh, dass wir dich haben!