Ausflug zu EvoBus in Neu-Ulm
Höchster Komfort und 440 PS: Zum Saisonstart 2011 erneuert Hirsch Reisen seine Busflotte. Drei neue ****Reisebusse der Marke Setra treffen im Februar in Karlsruhe ein. Einige Gäste haben beim Ulmer Bushersteller EvoBus einen Blick hinter die Kulissen geworfen.
Dichter Nebel begleitet die 19-köpfige Hirsch-Gruppe an einem Dezembertag Richtung Donau. Ziel ist EvoBus in Neu-Ulm, eine Tochter der Daimler AG, 1995 aus der Übernahme von Kässbohrer entstanden. Über 3.800 Mitarbeiter produzieren hier Busse der Marken Setra und Mercedes-Benz.
Gut gelaunt begrüßt uns Werksführer Paul Leibing, der ehemalige Chef der Logistik: „3.100 Omnibusse bauen wir hier pro Jahr“, berichtet er. Was normalerweise 65-70 Tage dauert, sehen wir in den nächsten Stunden im Schnelldurchgang! Zunächst fahren wir über das riesige Betriebsgelände, vorbei an Verwaltungsgebäuden, Entwicklungszentrum, Feuerwehrhaus und Gebrauchtwagenverkauf. Neben der Waschanlage warten funkelnagelneue Busse auf ihre Probefahrt. Doch wir wollen ganz von vorne beginnen und begeben uns zum kleinen Bahnhof. „Rohkarossen und Motoren entstehen in Mannheim“, erklärt Leibing. „Nachts werden sie mit der Bahn nach Ulm befördert, hier entladen und in die Lackiererei gefahren.“ Sieht schon komisch aus, so ein nacktes Bus-Gerippe! Wir lernen: „Setra“ kommt von der „selbsttragenden“ Karosserie.
Unsere nächste Station ist die Stuhlfertigung: Rückenlehnen und Sitzschalen stapeln sich in langen Reihen. 220.000 Sitze entstehen hier im Jahr. „Die liefern wir auch an die Werke in Frankreich und Spanien“, erklärt unser Werksführer. 467 km Stoff für die Bezüge schneiden die Mitarbeiter der Näherei im Jahr zu. Man sieht abenteuerliche Muster, aber auch edles Leder. An einem Montage-Karussell werden die Stühle Stück für Stück zusammengefügt. Die Fußrasten, so erfahren wir, stammen aus einer Werkstatt der Lebenshilfe. Bei einer Sitzprobe überzeugen sich einige von uns von der Bequemlichkeit.
Nun geht’s ins gewaltige Hochregallager. 42.000 verschiedene Teile sind hier eingelagert, 300.000 Wareneingänge zählt man im Jahr. Alles funktioniert vollautomatisch. Kleine Transporter sausen mit abenteuerlicher Geschwindigkeit hin und her und bringen die erforderlichen Teile in die riesige Fertigungshalle nebenan. Dort werden die Busgerippe in sechs Tagen zu fertigen Reisebussen. „Jeder Bus, den Sie hier sehen, ist verkauft, denn jeder entsteht komplett nach Wünschen der Kunden“, erfahren wir.
Wir erkunden die einzelnen Fertigungsbänder, wo Achsen und Motoren montiert, Wasser- und Kraftstoffbehälter eingebaut werden, sowie unglaubliche 10 km Kabel! „Rund 7.000 Steckverbindungen gibt es in einem Bus“, weiß der Experte. Dazu pneumatische Steuerventile für Klappen und Türen und eine Menge Leitungen. Wir staunen über die Dimensionen eines Rohrsatzes. „Die werden erst ganz kurz vor Bedarf gefertigt, damit sie sich bei Lager und Transport nicht verformen“, erklärt Leibing, „die Rohrbiegeanlage gibt jedem Rohr in weniger als fünf Minuten die exakte Passform!“
Dann folgen Cockpit, Scheiben, schließlich die Sitze, die über eine Rampe durch die noch offene Front in den Bus befördert und im gewählten Sitzabstand montiert. Sind Windschutzscheibe und Spiegel angebracht, steht ein Probelauf für Motoren und Klimaanlagen an.
Wir gehen weiter ins „Finishcenter“, wo die Busse auf Herz und Nieren geprüft werden. Etwa 300 Qualitäts-Checks muss jedes Fahrzeug überstehen, bevor zuletzt die Schriftzüge und Motive aufgebracht werden. Dann geht der Bus auf Probefahrt. Nun steht der Schlüsselübergabe nichts mehr im Wege! Wir für unseren Teil testen noch die Werkskantine, bevor wir auf dem stimmungsvollen Ulmer Weihnachtsmarkt im Schatten des Münsters die vielfachen Eindrücke und technischen Informationen verdauen.
Die wichtigsten Zahlen
3.100 Busse entstehen im Neu-Ulmer Buswerk im Jahr.
65 bis 70 Tage dauert die Produktion eines Busses.
Über 10 km Kabel verlaufen in einem Reisebus.
ca. 7000 Steckverbindungen müssen eingerichtet werden.
12.000 Bus-Sitze können am Tag produziert werden.
Mit 300 Checks wird ein fertiger Bus geprüft.
3.850 Mitarbeiter beschäftigt EvoBus in Neu-Ulm.
Mit 250 Azubis ist EvoBus größter Ausbilder in Ulm.
1951 baute Kässbohrer in Ulm den ersten Setra-Bus.
24,5 % betrug der Marktanteil von Daimler Busses in Europa 2009.